Es könnte sein, dass UCUM, der Unified Code of Units of Measure, Sie als Medizinproduktehersteller bald regulatorisch betreffen wird. Dabei gibt es eine viele wichtigere Motivation, sich mit UCUM zu befassen.
Weshalb Sie sich mit UCUM beschäftigen sollten
1. Interoperabilität Ihrer Produkte erreichen
Medizinprodukte werden immer vernetzter eingesetzt. Daten müssen zwischen Medizinprodukten und mit klinischen Informationssystemen ausgetauscht werden. Regelmäßig beinhalten diese Daten Messgrößen wie beispielsweise
- Laborergebnisse wie Hämoglobin, Blutzucker oder Natrium
- Druckverläufe bei Beatmungsgeräten
- Medikamentendosen
- Größe und Gewicht von Patienten
- Vitalparameter wie Blutdruck oder Bluttemperatur
- Spannungsverläufe bei einem EKG
- Bestrahlungsdosen bei einem Bestrahlungsgerät
- usw.
Dabei besteht die Herausforderung, dass die beteiligten Systeme das gleiche Verständnis der ausgetauschten Informationen haben.
- Semantik des Messparameters: Beispielsweise sollte nicht ein System von einem Hämoglobin im Blut, ein zweites von einem Hämoglobin im Urin ausgehen und ein drittes den Unterschied nicht kennen. Hier kommen semantische Interoperabilitätsstandards wie in diesem Fall LOINC zum Einsatz.
- Semantik der Messeinheit: Auch die Messeinheiten müssen einheitlich sein. Ein Hämoglobin in mmol/l unterscheidet sich von einem in mg/dl. Doch einfach diese Einheit mit zu übertragen würde nicht genügen. Denn was wäre die Einheit für Jahr? j? y? a? Und genau hier kommt UCUM zum Einsatz. Es definiert ein Klassifizierungssystem für Messeinheiten.
2. Regulatorische „Compliance“
Weil es immer mehr Probleme mit der Interoperabilität gibt, hat die FDA eine Arbeitsgruppe installiert, die sich mit Interoperabilitätsstandards beschäftigt. Das Ziel liegt darin herauszufinden, ob diese Standards erzwungen werden sollen. Und falls ja welche. UCUM würde sicher dazu zählen.
Was UCUM standardisiert
UCUM standardisiert (Spezifikation):
- Einheiten
- Regeln zum Erstellen von Einheiten
Gehen wir auf beides ein.
1. (Vor-)Definierte Einheiten
UCUM definiert zum einen Basiseinheiten wie Meter, Sekunde, Kelvin und Gramm. Es kennt die vom SI bekannten abgeleiteten Einheiten wie Joule oder Pascal, aber auch Stunde oder Jahr.
Dazu muss UCUM natürlich auch den Zusammenhang zwischen den Einheiten verstehen. Das wiederum setzt voraus, dass auch die Dimensionen der einzelnen Einheiten bekannt sind.
2. Regeln zum Definieren von (neuen) Einheiten
Natürlich bilden die Einheiten keinen festen Satz. Vielmehr müssen diese Einheiten ständig erweitert werden. So hat unser Dozent für Interoperabilitätsstandards, Dr. Christof Gessner, das UCUM-System um die Wood-Unit erweitert, einer Einheit aus der Pneumologie, von der ich noch nie etwas gehört hatte. Ein Hersteller von Beatmungsgeräten benötigte dies.
Einheiten können auch durch Präfixe wie wie „Milli“, „Mikro“, „Mega“ oder „Giga“ ergänzt werden. Wenn Sie Megabyte UCUM-konform übertragen wollten, wäre das nicht MB sondern MiBy. Das ist nicht ganz intuitiv.
So banal Ihnen das erscheint, so steckt der Teufel im Detail. Eines der einfachsten Probleme, die das UCUM-Team lösen musste, ist die Frage: Aus wie vielen Tagen besteht ein Jahr. Aus 365? Und das Schaltjahr? Das UCUM-Team hat das gelöst, in dem es mehrere Typen von Jahren definiert hat. So kann man differenzieren, ob man wirklich genau 365 Tage meint oder auch Schaltjahre berücksichtigt haben will.
UCUM Spezifikation
Damit die Spezifikation nicht nur für Menschen, sondern auch für Maschinen lesbar ist, können Sie sich diese als XML-Datei bei UCUM herunterladen. Ein Ausschnitt sieht am Beispiel von „Prozent“ wie folgt aus:
Fazit
Erliegen Sie nicht der Versuchung, eigene Einheiten zu definieren. Nutzen Sie UCUM, um die Interoperabilität Ihrer Systeme zu gewährleisten und die Idee von Interoperabilitätsstandards zu fördern.
Ich glaube, bei der Verlinkung fehlt ein s. Die Seite hat die Adresse http://www.unitsofmeasure.org.
Herzlichen Dank für den Hinweis!