Viele Medizinproduktehersteller tun sich damit schwer, die Lebensdauer von Software festzulegen, schon weil unklar ist, was die Lebensdauer von Software definiert.
Wann ist ein neues Release eine neue Software? Dieser Beitrag gibt Hinweise und Tipps.
Lebensdauer von Medizinprodukten
Dass Hersteller von Medizinprodukten die Lebensdauer festlegen müssen, ergibt Sinn, denn
- die Sterilität eines Produkts kann nur für eine bestimmte Zeit gewährleistet werden,
- Hardware-Bauteile wie Batterien altern,
- eine Mechanik nutzt sich ab und
- Schläuche werden porös.
Auch die Medizinprodukteverordnung (MDR) stellt Anforderungen hinsichtlich der Lebensdauer (siehe bspw. Anhang I Kapitel III 23.4).
Und wie ist das mit der Lebensdauer von Software? Software altert nur indirekt. Das weiß jeder, der versucht, sein altes Lieblingscomputerspiel auf einen neuen Rechner zu installieren. Die Umgebung der Software wie das Betriebssystem, die Treiber, die Hardware und andere notwendige Softwarepakete haben sich soweit verändert (weiterentwickelt), dass die ursprüngliche Software nicht mehr funktioniert.
Lebensdauer von medizinischer Software
Weshalb muss man als Hersteller die Lebensdauer festlegen?
Die Medizinprodukterichtlinie fordert, dass sich die Merkmale und Leistungen des Medizinprodukts nicht derart ändern dürfen, dass der klinische Zustand und die Sicherheit der Patienten und gegebenenfalls Dritter während der Lebensdauer der Produkte nach Maßgabe der vom Hersteller gemachten Angaben gefährdet werden […].
Damit wird auch nochmals klar, dass die Festlegung der Lebensdauer eines Medizinprodukts eine Aufgabe der Herstellers ist. Diese Festlegung gilt wohlgemerkt für das Medizinprodukt in Gänze. Falls das Medizinprodukt eine Standalone-Software ist, dann gilt das für diese Software ebenso.
Wie legt man die Lebensdauer von Software fest?
Es ist möglich, dass Sie
- einen harten Endtermin setzen,
- eine Zeitspanne ab Kauf bestimmen,
- eng gesteckte Voraussetzungen an Hardware und Betriebssystem formulieren oder
- die Lebensdauer definieren als die Zeitspanne, bis eine neue Version auf dem Markt ist.
Diese Festlegungen sollten Sie dokumentieren
- in der Zweckbestimmung,
- in der Risikomanagementakte,
- in der Gebrauchsanweisung,
- auf der Verpackung und
- ggf. in der Software selbst (z. B. Splash-Screen, unter „Hilfe“, als Pop-up).
Wann spricht man von einer neuen Version?
Erst einmal führt jede noch so kleine Änderung zu einer neuen Version. Die Frage ist eher die: Wann muss ich ein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen?
Sie sollten zwei Fälle unterscheiden:
- Sie machen eine marginale Änderung ohne Änderung des Funktionsumfangs (intended use), beispielsweise bei einem Bugfix. Dann wäre das das gleiche Produkt und eine neue Konformitätsprüfung ist nicht notwendig.
- Sie ändern den Funktionsumfang; dann ist eine neue Konformitätsbewertung notwendig. Sie können dann entscheiden, ob damit die Lebensdauer der alten Version abgelaufen ist oder Sie mehrere Versionen Ihres Produkts parallel im Markt haben.
Ob Sie diese Parallelität erlauben und wie Sie das Ende der Lebensdauer definieren, entscheiden Sie. Ebenso entscheiden Sie – abhängig vom Risikomanagement –, wie Sie die Lebensdauer der Software erzwingen.
Wie erzwinge ich die Lebensdauer von Software?
Auch hier stehen Ihnen mehrere Varianten offen, z. B.
- durch eine Schutzmaßnahme: Beispielsweise prüft die Software selbständig, ob es eine neue Version gibt, lädt diese automatisch herunter oder startet gleich gar nicht mehr.
- durch einen Hinweis: Sie lassen die Anwender wissen, dass es eine neue Version gibt, und fordern zum Update auf.
Zentrales Entscheidungskriterium für die Wahl des Lebensendes und die Wahl der Möglichkeiten, dieses zu erzwingen, ist das Risikomanagement. Wie so etwas genau funktioniert, lernen Sie beispielsweise in unserem CPMS-Seminar.