Ein Usability Lab ist eine Einrichtung, in der Usability-Experten Gebrauchsumgebungen simulieren können, um die Gebrauchstauglichkeit (Usability) von Produkten mit Usability-Tests zu überprüfen. Dazu lassen sie Testpersonen (Probanden) Aufgaben mit diesen Produkten lösen.
In diesem Beitrag erfahren Sie,
- was die Ziele eines Usability Labs sind,
- auf was Sie bei der Wahl eines Usability Labs achten sollten,
- was die Kosten für ein Usability Lab und von Usability Tests bestimmt und
- welche Rolle das Usability Lab spielen kann.
1. Drei wichtige Ziele von Usability Labs
Ein Usability Lab sollte für Medizinproduktehersteller die folgenden Ziele erreichen:
- Eine gesetzeskonforme Gebrauchstauglichkeitsakte erstellen
- Gebrauchstauglichkeitsprobleme identifizieren und Lösungen zu deren Behebung vorschlagen
- Kapazitäts- und Kompetenzengpässe ausgleichen
2. Kriterien zur Auswahl von Usability Labs
Ob ein Usability Lab diesen Zielen und einem qualitativen Anspruch gerecht wird, lässt sich anhand qualitativer Auswahlkriterien abschätzen.
Auswahlkriterium | Prüfkriterien |
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1. Gesetzeskonforme Usability Akten
Erfahrung in der Durchführung und Dokumentation der formativen und summativen Bewertungen von Medizinprodukten und IVDs |
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2. Repräsentative Gebrauchsumgebung
Bei einer App mag jede Büroumgebung funktionieren, bei anderen Produkten bedarf es ggf. der Utensilien eines Operationssaals oder eines anderen klinischen Umfelds . |
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3. Rekrutierung von Probanden
Fähigkeit, repräsentative Teilnehmer zu rekrutieren |
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4. Internationalität
Die FDA fordert „US Residence“ von Probanden. | Das Usability Lab ist in der Lage,
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4. Organisation, Dauer und Zeitmanagement
Ein Usability Lab bedarf großer Erfahrung und standardisierter Prozesse, um auch bei Unvorhergesehenem eine konstante Qualität zu erzielen und den Zeitplan einzuhalten. |
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5. Ausstattung, Technik
Eine vollständige, zuverlässig arbeitende und beherrschte Technik und Ausstattung ist für reibungslose und vollständig dokumentierte Usability-Tests unerlässlich. |
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6. Kosten
Die genaue Aufschlüsselung aller Labor-Kosten hilft, die Gesamtkosten von Tests im Blick zu behalten. | Je transparenter Ihnen das Lab die Kosten aufschlüsselt, umso besser können Sie prüfen, ob an alles gedacht wurde und wo Einsparpotenziale liegen. |
7. Fachkompetenz
Die Kompetenz des Teams entscheidet über die Fähigkeit, Usability-Studien zu konzipieren und durchzuführen, Usability-Probleme zu identifizieren und Vorschläge zu deren Lösung zu erarbeiten. | Profile und Erfahrungen des Usability-Teams, welche auf Erfahrungen schließen lassen …
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3. Faktoren, die die Kosten für das Usability Lab bestimmen
Zahlreiche Parameter beeinflussen die Zeit und Kosten für eine Studie in einem Usability Lab:
1. Kostenfaktor: Probanden
- Anzahl und Art der Benutzergruppen: Healthcare Professionals (Ärzte, Pflegekräfte, Techniker), Patienten
- Anzahl der Probanden pro Benutzergruppe
- Sprache(n) der Probanden
- Müssen Probanden rekrutiert werden oder stellt diese der Hersteller?
- Wie leicht sind diese zu rekrutieren? Eine Gruppe von 15 Kinderherzchirurgen zu rekrutieren, kann zu einer Herausforderung werden. Kontaktieren Sie uns, um zu erfahren, wie so etwas gelingt.
2. Kostenfaktor: Produkt
- Komplexität: Einarbeitung der Nutzer, Zeit zum Installieren, Einrichten, Reinigen …
- Größe, Versand, Lagerung
- Notwendigkeit und Dauer für Einweisung und Schulung. Stellt der Hersteller den Train-the-Trainer?
- Dauer der Nutzung
- Gefährdung durch das Produkt
3. Kostenfaktor: Planung, Durchführung und Dokumentation
- Ziel der Studie: Gebrauchstauglichkeitsprobleme finden, Verbesserungsvorschläge erarbeiten, regulatorische Anforderungen erfüllen
- Erfolgsfaktoren: Vollständigkeit, Korrektheit, Dauer, Anzahl Fehler, Kommentare, Umfragen
- Methoden: Formative versus summative Bewertung, heuristische Evaluierung, Umfragen, Interview, Cognitive Walkthrough
- Materialien für Probanden
- Sonstige an der Studie beteiligte Personen wie Patienten (z. B. Kinder, Bewusstlose, Behinderte), Techniker
- Anzahl und Umfang der Dokumentation (mehrere Zielgruppen wie Management, Behörden, Entwicklung), Auswertungen, Statistiken
- Eine oder mehrere Iterationen (z. B. nach Produktverbesserungen)
4. Kostenfaktor: Gebrauchsumgebung
- Usability Lab, Krankenhaus, Simulator
- Weitere Produkte und Systeme, Verbrauchsartikel
- Weitere Personen wie Techniker
5. Kostenfaktor: Technische Ausrüstung
- Anzahl Mikrofone, Kameras
- Aufzeichnung
- Remote-Studie versus Onsite-Studie im Feld
6. Kostenfaktor: Rechtliche Besonderheiten
- Anforderungen an den Datenschutz
- Besondere Einverständniserklärungen
- Compliance-Anforderungen (z. B. die Bezahlung von Probanden betreffend)
4. Rolle des Usability Lab
Der Idealfall
Ein Usability Lab sollte ein Dienstleister sein, der in die Spezifikation und Prüfung der Gebrauchstauglichkeit von Medizinprodukten eingebunden ist. Es kann helfen,
- gebrauchstaugliche Benutzungsschnittstellen zu spezifizieren,
- Risiken durch nicht gebrauchstaugliche Benutzungsschnittstellen zu identifizieren und
- die Gebrauchstauglichkeit formativ und summativ zu bewerten, z. B. durch Inspektionen (Verifizierung) und Usability Tests (Validierung), um mögliche Benutzungsfehler aufzuspüren, die zu einer Gefährdung des Patienten oder Nutzers führen können.
Die Realität: Wann das Usability Lab in Anspruch genommen wird
In unserer Beratungspraxis kommt es regelmäßig vor, dass Hersteller das Thema „Usability“ erst „entdecken“, wenn das Produkt schon teilweise oder sogar ganz entwickelt ist. Dann steht man vor der Aufgabe, die fehlenden Aktivitäten nachzuholen und die entsprechende Dokumentation nachträglich zu erstellen. Oft fehlt dann die Zeit, um das getestete User Interface optimal zu überarbeiten bzw. Maßnahmen festzulegen, um Benutzungsfehler im Sinne der Norm IEC 62366-1 zu vermeiden oder zumindest weniger wahrscheinlich zu machen.
Eine späte Prüfung der Produkte in einem Usability Lab ist aber immer noch besser als die dauerhafte Vermarktung von Produkten, deren Gebrauchstauglichkeitsrisiken nicht systematisch bestimmt und beherrscht sind.
Möchten Sie die Gebrauchstauglichkeit Ihres Medizinprodukts prüfen und eine gesetzeskonforme Usability-Akte erstellen? Das Johner Institut hilft gerne. Lesen Sie hier mehr oder nehmen Sie direkt Kontakt mit uns auf.
Änderungshistorie
- 2024-04-01: Kriterien zur Auswahl von Usability Labs aktualisiert, Ziele der Labs ergänzt, redaktionelle Änderungen
Guten Morgen Herr Johner,
an einer Stelle bin ich ein wenig vorsichtig, was die zu erreichenden Ziele angeht:
Sicher kann und soll ein gutes Labor seinen Kunden dabei helfen, dass diese Kunden gesetzeskonforme Akten aufstellen (Usability-Akte). Aber: „Eine gesetzeskonforme Gebrauchstauglichkeitsakte erstellen“ ist aus meiner Sicht unbedingt die alleinige Aufgabe des Herstellers und auch nur der Hersteller kann das vollständig. Denn die 62366 ist eine Prozessnorm, die Anforderungen an den Entwicklungsprozess stellt. Oft werden Labs erst am Ende (Produkt schon fertig) dazu „bestellt“, dann ist der Prozess eigentlich schon gelaufen. Auf die besonders wichtige Usability-Spezifikation hat das Lab dann überhaupt keinen Einfluss, es sei denn, der Hersteller erkennt Fehler und lässt das Labor bei einem Re-Design mithelfen. Das geht aber im Sinne der Unabhängigkeit von Prüflaboren nicht wirklich gut miteinander einher (z.B. nach ISO 17025 verboten).
Beim Rest stimme ich durchweg zu. Wer Usability ernst nimmt und nicht nur als Feigenblatt, um durch ein Audit zu kommen, der wird die Kosten schon nachvollziehen können. Wer wirklich Kosten sparen will, sollte vorher die Risikoanalyse gründlich machen. Wenn aus (mangelnder) Usability kaum/keine Risiken entstehen können, ist der Prüfaufwand auch geringer.
Viele Grüße, Peter Knipp
Lieber Herr Knipp,
ich stimme Ihrem wichtigen Hinweis zu. Der Usability Engineering Prozess sollte in den Entwicklungsprozess eingewoben sein.
Die Realität besteht aber darin, dass wir viele Anfragen bekommen (wie heute), dass nachträglich das Thema Usability behandelt werden soll.
Ich habe diese Gedanken durch einen weiteren Absatz ergänzt.
Da das Prüflabor ein „normaler Dienstleister“ im Sinne einer verlängerten Werkbank und kein akkreditiertes Prüflabor ist, sehe ich das Thema der Unabhängigkeit als nicht so kritisch.
Danke für diese Anregung!