Code Verifier sind optische Messmittel. Sie dienen dazu, die Qualität von Matrix- oder Barcodes zu prüfen, die z. B. zur Unique Device Identification (UDI) eingesetzt werden.
Medizinproduktehersteller sollten wissen,
- was bei der Vergabe und beim Aufbringen dieser Codes schiefgehen kann,
- welche regulatorischen Anforderungen sie bezüglich der Code-Qualität erfüllen müssen,
- wie sie überprüfen können, ob diese Anforderungen erfüllt sind,
- wie Barcode und Matrixcode Verifier dabei helfen,
- ob sich Smartphones zur Verifizierung der Codes eigenen und
- wie hoch die Kosten für einen solchen Code Verifier sind.
1. Welche Fehler Code Verifier finden müssen
Fehlertyp 1: Falsche Syntax / falsches Format
Ein erster Fehler kann darin bestehen, dass die Syntax, die im Matrix- oder Barcode verschlüsselt ist, nicht der Spezifikation der Zuteilungsstelle genügt.
Ein gravierender Syntaxfehler wäre es beispielsweise, wenn die im Klartext sichtbaren Klammern mit in den Code hineinkodiert werden.
Als UDI-DI wird bei der Zuteilungsstelle GS1 die GTIN eingesetzt. Diese darf nur eine feste Länge von 14 Stellen aufweisen und nur aus den Ziffern 0 bis 9 aufgebaut sein. Auch davon darf nicht abgewichen werden.
Ein Verifier für Matrix- oder Barcode muss diese Syntaxfehler erkennen. Er kann jedoch nicht die Semantik prüfen, beispielsweise ob das Verfallsdatum korrekt ist oder ob der Artikel tatsächlich existiert.
Lesen Sie hier mehr zum Thema UDI. Eine Videoserie im Auditgarant vermittelt die regulatorischen Anforderungen an die UDI und erläutert, wie Hersteller die UDI-Codes spezifisch für jede Zuteilungsstelle (z. B. GS1, HIBCC) bestimmen.
Fehlertyp 2: Unzureichender Kontrast
Durch Abrieb, fehlerhaften Druck oder ungeeignete Druckvorlagen kann es dazu kommen, dass der Kontrast des Codes nicht ausreichend hoch ist.
Auch das Trägermaterial kann diesen Kontrast negativ beeinflussen, z. B. duch seine Farbgebung (s. Abb. 2).
Fehlertyp 3: Modulation, verwaschene Kanten
Auch bei hohem Kontrast muss ein Code Verifier erkennen, ob die „Schärfe“ des Drucks unzureichend ist oder ob die Schwärzung der Matrixzellen variert.
Fehlertyp 4: Verzerrung und Gitterungleichmäßigkeiten
Durch den Druckvorgang selbst kann es vorkommen, dass die Symbole gestaucht, gestreckt oder in anderer Weise verzerrt sind.
Gitterungleichmäßigkeiten entstehen durch schwankende Druckgeschwindigkeit oder eine falsche Druckerkonfiguration. Dabei steht „Druckerkonfiguration“ synonym für Grafikdruck, skalierte PDF-Drucke, Layoutfehler. Barcodes zeigen Abweichungen bei Strichbreiten und Strichpositionen.
Fehlertyp 5: Unvollständiger Druck
Durch z. B. Düsenaussetzer bei Tintenstrahldruckern oder Heizzellenausfälle bei Thermoetikettendruckern können Unregelmäßigkeiten entstehen. Auch solche Fehler muss ein Code Verifier zuverlässig erkennen und durch die Inanspruchnahme der Fehlerkorrektur ausweisen.
Fehlertyp 6: Falsche Größe
Die Spezifikation der Zuteilungsstellen (Issuing Entities: GS1, HIBCC, ICCBA, IFA) legt auch die Größe der Codes fest. Das betrifft z. B. die sogenannte „Modulgröße“ bei Matrix- und Barcodes.
2. Regulatorische Anforderungen
a) In Europa
UDI-System
MDR und IVDR fordern nicht nur die UDI, sondern auch, dass diese Codes in einem menschenlesbaren Format (z. B. in Form von Ziffern) und in einem maschinenlesbaren Format (z. B. in Form von Matrix- und Barcodes) auf dem Produkt aufgebracht sind.
QM-System
MDR und IVDR verlangen im Artikel 10 Absatz h) im Kontext des QM-Systems
die Überprüfung der Zuteilung der UDI gemäß Artikel 27 Absatz 3 für alle einschlägigen Produkte und die Gewährleistung der Kohärenz und der Validität der gemäß Artikel 29 gelieferten Informationen;
MDR / IVDR Artikel 10, Absatz h)
Für die korrekte Herstellung des Produkts (dazu zählt auch die Aufbringung der UDI-Kennzeichnung) ist u. a. die Person Responsible for Regulatory Compliance (PRRC) verantwortlich:
Die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person ist mindestens dafür verantwortlich, dass a) die Konformität der Produkte in angemessener Weise gemäß dem Qualitätsmanagementsystem geprüft wird, in dessen Rahmen die Produkte hergestellt werden, bevor ein Produkt freigegeben wird, […]
MDR / IVDR Artikel 15
Codes gemäß den Vorgaben der Zuteilungsstellen und damit Normen
In dem bereits erwähnten Artikel 28 Absatz 3 schreibt die MDR:
Bevor ein Hersteller ein Produkt […] in Verkehr bringt, teilt er diesem […] eine UDI zu, die im Einklang mit den Vorschriften der von der Kommission gemäß Absatz 2 benannten Zuteilungsstelle generiert wurde.
MDR Artikel 28 Absatz 3
Damit macht die MDR (und wortgleich die IVDR) indirekt die Vorgaben der Zuteilungsstellen (GS1, HIBCC, ICCBA, IFA) verpflichtend.
Diese Vorgaben wiederum liegen in Form referenzierter Normen vor:
Zuteilungsstelle | Referenzierte Normen |
GS1 |
ISO/IEC 15415 |
HIBICC |
ISO/IEC 15416 |
ICCBA |
ISO/IEC 15415 |
IFA |
ISO/IEC 15415 |
Zusätzlich spezifizieren die Zuteilungsstellen weitere Messparameter, z. B. die Einstellung der Messblende in Abhängigkeit von der Modulgröße.
Damit werden Normen verbindlich, die den Inhalt und das Format des Codes sowie deren Verifizierung spezifizieren (s. Abb. 5).
Messgeräte
Code Verifier sind Prüfgeräte oder auch Messmittel, wie das die ISO 13485 bezeichnet. Die Hersteller müssen sicherstellen, dass sie diese Messgeräte gemäß den Anforderungen dieser Norm kontrollieren, kalibrieren und justieren.
Lesen Sie in diesem Artikel zu Messmitteln, welche gesetzlichen Anforderungen die Hersteller erfüllen müssen und was die Unterschiede von Kalibrierung, Justierung und Eichung sind.
Die Eigenschaften und einzuhaltende Messgenauigkeit der Barcode (1D) und Matrixcode(2D) Verifier ist in den Normen ISO/IEC 15426-1 (1D) und ISO/IEC 15426-2 (2D) festgelegt. Im Kontext der ISO 13485 sind diese zu beachten.
b) In den USA
In den USA fordert der 21 CFR part 820.120 ein „device labling“. Spezifischer wird der 21 CFR part 830. Im Subpart B verweist das Gesetz auf die Normenfamilie ISO/IEC 15459. Diese Normenfamilie besteht wiederum aus Teilen wie den folgenden:
- ISO/IEC 15459-2:2006 Information technology – Unique identifiers – Part 2: Registration procedures
- ISO/IEC 15459-4:2008 Information technology – Unique identifiers – Part 4: Individual items
- ISO/IEC 15459-6:2007 Information technology – Unique identifiers – Part 6: Unique identifier for product groupings
Diese Normenfamilie legt die Grundlagen der automatischen Identifikation für UDI fest. Die GS1-Spezifikationen basieren darauf und legen die einzuhaltende Datenkodierung und Kennzeichnungsqualität für Codes und damit auch für die UDI-Codes fest.
Weitere Informationen finden sich im Federal Register des „Department of Health and Human Service“.
3. Funktionsweise von Barcode Verifier und Matrixcode Verifier
Code Verifier sind in der Regel optische Prüfgeräte, die Bilder des Codes aufnehmen. Dazu gewährleisten sie definierte Bedingungen bezüglich
- Aufnahmewinkel,
- Abstand zwischen Prüfgerät und Code,
- Lichtverhältnisse (z. B. gleichmäßige Ausleuchtung),
- Lichtquelle (Farbspektrum, Messblende) und
- Hintergrund.
Anschließend bewerten die Code Verifier diese Bilder. Die o. g. Normen bestimmen die Bewertungskriterien. Diese Normen spezifizieren auch die Prüffälle, die alle o. g. Fehlertypen abdecken.
Hersteller könnten die Anforderungen an die Güte der Codes (z. B. Kontrastverhältnisse, Größe der Module) auch mit einem Messmikroskop überprüfen. Diese Mikroskope sind jedoch meist teurer, und der Aufwand für die Messung ist höher als mit einem Code Verifier. Der Anwender müsste auch das Expertenwissen kennen, das der Verifiier in seiner Software mitbringt.
4. Kosten für Barcode Verifier und Matrixcode Verifier
Ein guter Code Verifier kostet einen mittleren bis hohen vierstelligen Betrag. Wie oft sind nach oben keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Größenordnung erreichen die Hersteller Prüfgeräte, die den regulatorischen Anforderungen genügen.
Das Ausleihen von Geräten rechnet sich meistens nicht. Bei sehr wenigen zu prüfenden Codes ist es daher ratsam, die Messung als Dienstleistung einzukaufen. Die Kosten dafür beschränken sich typischerweise auf einen kleinen dreistelligen Betrag.
5. Fazit und Zusammenfassung
Es gibt enge regulatorische und normative Vorgaben
Während das System harmonisierter Normen in vielen Bereichen zerfällt, liefern die Normen im Kontext der UDI ebenso präzise wie verbindliche Vorgaben. Diese helfen, Unsicherheiten bei Audits und Zulassungen zu vermeiden.
Das Smartphone reicht leider nicht
Das Smartphone eignet sich nicht als Verifier für Barcode oder Matrixcode:
- Smartphones erfüllen nicht die regulatorischen Anforderungen.
- Sie verleiten den Anwender dazu, den Winkel und den Abstand so lange anzupassen, bis das Smartphone den Code lesen kann. Qualitätsmängel bleiben so unentdeckt.
- Das manuelle Scannen entspricht auch nicht der Alltagssituation, z. B. dem Scannen der Geräte in der Produktion, wo Abstände und Winkel festliegen.
- In vielen Situationen darf der Scan-Vorgang nur Sekundenbruchteile dauern. Anwender erlauben einem Smartphone viel längere Lesezeiten. Das verdeckt Fehler, die in sehr kurzen Lesezeiten zum Ausfall führen.
Die Anschaffung eines Code Verifiers rechnet sich meistens
Die Kosten für einen Code Verifier sind beherrschbar, sodass sich deren Anschaffung lohnt. Ausnahmen gibt es für rein digitale Produkte, da es keine „Druckprobleme“ gibt, die ein Code Verifier erkennen müsste.
Wilfried Weigelt hat wesentlich bei der Erstellung dieses Artikels mitgewirkt. Er ist Mitglied des DIN/ISO-Normenausschusses zur Automatischen Identifikation und Abteilungsleiter bei REA, einem Anbieter von Code Verifiern. Herr Weigelt hilft bei Fragen gerne weiter, z.B. per E-Mail.
Sehr geehrter Herr Professor Johner,
muss der Code von jedem einzelnen Produkt überprüft werden, oder reicht eine Stichprobe pro Charge und/oder Produktgruppe aus?
Wird bei der Definition der Qualität bei direkt Markierung die Buchstaben DPM vorangestellt, soll nach ISO/IEC 29158 geprüft werden. Nur Obacht, die Norm ISO/IEC 29158 erlaubt den Einsatz von difusem Licht (Beleuchtungsart „Dom“), während die Ausgabestellen GS1 und HIBCC bei DPM genau diese Beleuchtungsart ausschliessen. Viele Hersteller von Verifiern werben aber mit difussem Licht. Auf Nachfrage bei GS1 wurde mir erklärt dass wenn mit diffusem Licht gute Qualität gemessen wird, noch lange nicht sichergestellt ist dass DPM fähige Handscanner die vermeintlich gute Data Matrix lesen können. Wie von Herrn Johner beschrieben gilt Artikel 28 Absatz 3 und damit im Falle von GS1 auch deren allgemeine Spezifikation wo die min Anforderung wie folgt beschreibt DPM 1.5 / 04-12 /650 (45Q|30Q|30T|30S|90)
Alle diejenigen die trotzdem auf diffuses Licht setzen machen es meiner Meinung nach falsch und das wird noch zu Problemen führen.
Danke für den wertvollen Hinweis!
Hallo Herr Bilow,
die gesetzlichen Vorgaben zu UDI verweisen bezüglich der detaillierten Codeausführung und Qualität auf die Issuing entities – also GS1, HIBCC, IFA, ICCBA. Diese wiederum legen die Norm ISO/IEC 15415 und für DPM ISO/IEC 29158 zugrunde und machen zu Strichprobe / 100 % Kontrolle keine Aussage.
Die Normen verweisen auf Stichprobennormen.
ISO/IEC 15415 Kap. 5.2 : NOTE Information on sampling plans may be found in the following: ISO 3951-1, ISO 3951-2, ISO 3951-3, ISO 3951-5 or 2859-10.
Die DPM Prüfnorm ISO/IEC 29158 ist keine eigenständige Norm sondern nutzt als Basis die ISO/IEC 15415. Daher gilt das auch für DPM.
Nach meiner Meinung reicht aufgrund dieser Zusammenhänge eine Stichprobe aus.
ich finde man sollte sich an dieser Stelle als Hersteller gerade machen. Ein Smartphone, dessen Kamera ausreicht um z.B. mit der GS1 healtcare App einen Barcode oder Data Matrix code zu lesen, ist natürlich ausreichend gut um die Codes zu verifizieren. Genau dafür bietet der Dienstleister doch solche Applikationen an. Ein professioneller Scanner kann letzendlich nichts besser oder anders.
Da würde ich mich auch auf Diskussionen mit der benannten Stelle oder der FDA einlassen. Wir können nicht in allen Bereichen den Forderungen nachgeben. oft sind diese Sinnlos und werden gemacht damit sie halt gemacht sind.
Ich erkennne keinen Sinnvollen Grund warum eine einfache Kamera nciht ausreichen würde. Was übersehe ich?