Das deutsche Bundesgesundheitsministerium hat den Nationalen Arbeitskreis (NAKI) ins Leben gerufen, um Fragen zur Implementierung der EU-Verordnungen, der MDR und der IVDR, zu beantworten.
Auch wenn der NAKI ein deutscher Arbeitskreis ist, sind dessen Arbeitsergebnisse teilweise auch für andere Länder von Interesse.
Das Fazit am Ende dieses Artikels liefert eine Bewertung der bisherigen Arbeit der NAKI.
Inhaltsübersicht |
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Ziele der NAKI » |
Mitglieder der NAKI » |
Arbeits-/Untergruppen » |
Ergebnisse der NAKI » |
Fazit: Bedauern und Dank » |
Ziele der NAKI
Der NAKI verfolgt mehrere Ziele:
- Einheitliches Verständnis aller Beteiligen (u.a. Behörden, benannten Stellen, Industrie) schaffen, wie die MDR und IVDR in Deutschland implementiert wird
- Offene Fragen zur Auslegung und Umsetzung der EU-Verordnungen beantworten und diese Antworten allgemein verfügbar machen
- Die nationalen Anpassungen der EU-Verordnungen sowie deren Umsetzung in nationale Gesetze insbesondere die Anpassung des Medizinproduktegesetzes MPG begleiten
Mitglieder der NAKI
Der Nationale Arbeitskreis setzt sich unter Führung des Bundesgesundheitsministeriums aus den folgenden Beteiligten zusammen:
- Bundesministerien
- Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
- Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
- Bundesministerium für Verteidigung (BMVg)
- Bundesoberbehörden
- 8 Oberste Landesbehörden und die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG)
- 12 Herstellerverbände bzw. Unternehmen
- Interessengemeinschaft der Benannten Stellen für Medizinprodukte in Deutschland (IG-NB)
- Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO)
- Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
- GKV-Spitzenverband
- Aktionsbündnis für Patientensicherheit (APS)
- Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
Arbeitsgruppen der NAKI
Der Nationale Arbeitskreis NAKI hat die Aufgaben auf mehrere Arbeitsgruppen (Untergruppen) verteilt:
- Untergruppe 1: Übergangsbestimmungen
- Untergruppe 2: Benannte Stellen
- Untergruppe 3: Herstellerpflichten
- Untergruppe 4: Marktüberwachung
- Untergruppe 5a: Klassifizierung/Abgrenzung
- Untergruppe 5b: Vigilanzsystem
- Untergruppe 6: klinische Bewertung/klinische Prüfung
- Untergruppe 7: Aufbereitung
Diese Arbeitsgruppen tagen gelegentlich und publizieren sowohl die Treffen als auch die Ergebnisse auf der Webseite der NAKI.
Ausgewählte Arbeitsergebnisse der NAKI
Untergruppe 1 – Übergangsbestimmungen
Die Untergruppe 1 hat bisher die ausführlichsten Ergebnisse vorlegt. 22 Fragen beantwortet das FAQ. Beispielsweise stellt das NAKI klar, dass Produkte der Klasse I (nicht I*) ab Mai 2020 ohne weitere Übergangsfristen den Anforderungen der MDR genügen müssen, um erstmalig in Verkehr gebracht zu werden.
Weitere Fragenaspekte betreffen die Neuklassifizierung von Produkten und „wesentliche Änderungen“. Eine umfassende Antwort, ab wann eine Änderung wesentlich ist, bleiben die Autoren schuldig. Sie nennen aber Beispiele, in denen eine Antwort möglich ist:
- Änderung der Zweckbestimmung > wesentliche Änderung
- Einschränkung der Zweckbestimmung > keine wesentliche Änderung
- Konstruktive Änderung aufgrund einer korrektiven Maßnahme > keine wesentliche Änderung
Ebenfalls hilfreich ist die Klarstellung, dass einige Anforderungen der MDR auch dann zu erfüllen sind, wenn das Produkt innerhalb der Übergangsfristen in Verkehr gebracht wird:
- Registrierung von Wirtschaftsakteuren in EUDAMED
- Post-Market Surveillance
- Vigilanz
Untergruppe 3 (Herstellerpflichten)
Die Untergruppe 3 der NAKI beantwortet mit ihrem FAQ zu den Herstellerpflichten 10 Fragen u.a. zu folgenden Themen:
- Angaben in der Gebrauchsanweisung und auf der Webseite
- PLM und OEM: Dieses Konstrukt wird es in der bisherigen Form künftig nicht mehr geben.
- Leistungsbewertung von IVD
Untergruppe 4 (Marktüberwachung)
Mit 26 Seiten relativ umfangreich ist die Publikation der NAKI Untergruppe 4. Allerdings sind die Ergebnisse noch nicht durchgängig hilfreich:
- Teilweise kommentieren die Autoren nur, nennen z.B. die Herausforderungen bei der Interpretation der MDR – ohne diese Interpretation zu liefern.
- Sie stellen viele neue Fragen, ohne diese zu beantworten.
Insgesamt wirkt dieses Dokument noch als „Work in Progress“. Es steckt die Thematik ab, ohne sie in einem Maß zu bearbeiten, das den Herstellern ausreichend Handlungsleitung geben würde.
Untergruppe 6 (klinische Bewertung/klinische Prüfung)
Neun Fragen beantwortet das FAQ der Untergruppe 6. Entscheidende Fragen wie nach der Definition dessen, was „ausreichend klinische Daten sind“ bleibt das FAQ erwartungsgemäß schuldig.
Interessant ist die Diskussion, dass für die klinische Nachbeobachtung „ähnliche Produkte“ zu überwachen sind, bei der klinischen Bewertung aber nur „gleichartige Produkte“ einbezogen werden dürfen. Die NAKI-Untergruppe stellt klar, dass für die Beweisführung der Sicherheit, Leistungsfähigkeit und des Nutzens von Medizinprodukten im Rahmen der klinischen Bewertung eine viel höhere Anforderung an die Äquivalenz der Vergleichsprodukte gestellt wird, als bei der Post-Market Surveillance. Hier müssen die Hersteller ein breiteres Produktportfolio überwachen.
Der Fokus der des FAQ liegt auf den klinischen Prüfungen, weniger auf den klinischen Bewertungen.
Weitere Untergruppen
Die Untergruppe 2 (Benannte Stellen) hat eine Präsentation erarbeitet.
Die Untergruppe 5a (Klassifizierung/Abgrenzung) hat zum Zeitpunkt dieses Artikels noch keine Ergebnisse vorlegt. Das gleiche gilt für die Untergruppe 5b (Vigilanzsystem).
Ergebnisse der Untergruppe 7 (Aufbereitung) stehen ebenfalls noch aus.
Fazit
Der Ansatz ist zu begrüßen
Die MDR und IVDR zeichnen sich nicht durch eine hohe Verständlichkeit aus. Es ist sehr bedauerlich, dass es überhaupt vieler Arbeitsgruppen bedarf, um ein Verständnis zu erreichen, wie die EU-Verordnungen zu verstehen sind. Zudem fehlen eine Vorgabe und ein abschließendes Verständnis, wie die Nationalstaaten diese Verordnungen in nationales Recht implementieren sollen.
Aus diesen beiden Gründen ist es zu begrüßen, dass sich die Beteiligten zusammensetzen, um zumindest in Deutschland ein gemeinsames Verständnis und ein abgestimmtes Vorgeben bei der Umsetzung der MDR und IVDR zu erreichen.
Mangelnde Verbindlichkeit
Andererseits liefern die Ergebnisse der NAKI-Arbeitsgruppen nur eine weitere Interpretation. Nach eigener Aussage spiegeln deren Ergebnisse „lediglich die bisherigen Resultate der Diskussionen […] wider und sind daher nicht rechtsverbindlich“. Wenn diese Ergebnisse dann durch Aussagen wie „nach heute überwiegender Auffassung […]“ weiter an Verbindlichkeit geschwächt werden, stellt sich die Frage nach dem Nutzen der Ergebnisse.
Zum Glück machen die Autoren auch klare Aussagen wie „Schwärzungen oder Unkenntlichmachung von Teilen der Technischen Dokumentation, die z.B. das geistige Eigentum des OEM berühren, sind dabei nicht zulässig.“ Genau diese „klare Kante“ benötigen Hersteller, um Entscheidungen treffen zu können.
Heterogene Darstellung
Die NAKI-Arbeitsgruppen scheinen einen hohen Freiheitsgrad zu haben, in welcher Form sie die Ergebnisse liefern. Die einen veröffentlichen ein FAQ, die nächste eine Interpretation einzelner Artikel. Das macht es den Herstellern schwerer, die Ergebnisse zu konsolidieren.
Noch unvollständige Abdeckung der Themen
Dass es den gelegentlich tagenden Arbeitsgruppen der NAKI nicht gelingen kann, alle Fragen zu beantworten, ist offensichtlich. Das gelingt auch dem Johner Institut nicht, das täglich Fragen kostenfrei beantwortet (inzwischen mehrere 1000 Fragen) und viele Antworten hier auf der Webseite veröffentlicht.
Dennoch ist zu hoffen, dass das NAKI Fragenkomplexe z.B. zur EUDAMED bzw. UDI sehr bald und noch ausführlicher bearbeiten wird.
Fehlende bzw. späte Veröffentlichung
Ein weiteres Problem stellt der Zeitpunkt dar, zu dem die Arbeitsergebnisse und die nationalen Gesetze und Verordnungen veröffentlicht werden. Einige Arbeitsgruppen haben noch überhaupt keine konkreten Ergebnisse vorgelegt, andere haben mehr neue Fragen gestellt als bestehende Fragen beantwortet.
Dies verschafft den Herstellern und anderen Wirtschaftsakteuren nicht ausreichend Vorlauf und Verbindlichkeit, um sich problemlos auf die Umstellung auf die EU-Verordnungen vorbereiten zu können. Genau diese Unterstützung hätte man sich vom Gesetzgeber und den Behörden gewünscht.
Bedauern und Dank an den NAKI
Es ist sehr bedauerlich, dass es offensichtlich nur schrittweise gelingt, ein Verständnis zu erlangen, wie gesetzliche Vorgaben zu verstehen und umzusetzen sind. Wie kann es sein, dass sich der Gesetzgeber erst selbst erarbeiten muss, wie Gesetze zu interpretieren sind?
Dieser schrittweise Erkenntnisgewinn verlängert die Unsicherheit, verursacht unnötige Aufwände und ist dem Wirtschaftsstandort Deutschland bzw. Europa abträglich.
Dieses Bedauern bezieht sich explizit nicht auf die Personen, die im NAKI arbeiten, Fragen beantworten und diese Antworten publizieren. Schließlich sind das genau die Personen, die ihren Beitrag dazu leisten, die wenig zufriedenstellende Situation zu verbessern.
Danke für dieses Engagement!
Deutschland war doch mal ein Land mit Weltgeltung im Wissenschaftsbereich.
Heute schaffen wir es kaum noch, einen Flughafen zu bauen. Bei der Klimadiskussion werden Massnahmen diskutiert ohne die wirklichen Ursachen zu erforschen und
auch zu akzeptieren. Oder weiß jemand, dass die Sahara ein Bereich ist mit den höchsten CO2-Emissionen?. Wird es warm wegen dem CO2 in der Atmosphäre oder erhöht sich der CO2-Gehalt aufgrund der Erwärmung? In Hamburg sperrt man eine Strasse und der Verkehr nimmt eine Umleitung ohne das irgendein positiver Effekt zu verzeichnen ist. Und das auch noch angesichts der Schiffe im Hafen die mit ihrem Schweröl enorm zur Luftverschmutzung beitragen.
Die MDR und auch die Änderungen zuvor wurden anscheinend von Institutionen erarbeitet,die nicht in der Lage waren die daraus entstehenden Konsequenzen
mit zu berücksichtigen Ich schlage vor wir kehren zurück zu den Regelungen vor der Vor MDR-Zeit. Ich kann beim besten Willen keinen Mehrwert in den neuen Regelungen
erkennen. Sie sind bürokratisch, kosten erheblich Geld haben vor allem negative Auswirkung auf kleinere Unternehmen. Neue Medizinprodukte entwickeln und verkaufen ? Macht mir keine Freude mehr.
Würde ich gerne, ab
Sehr geehrter Herr Gaede,
ich kann Ihre Denkweise absolut nachvollziehen. Wir legen uns in Europa mit Bürokratie lahm. Weil wir damit die Startups gefährden, haben mein Team und ich in den letzten 20 Monaten über 2900 Kurzberatungen kostenfrei angeboten. Wir tun also, was wir können.
Danke für Ihre Gedanken!
Beste Grüße, Christian Johner