Wissen Sie, was ein Rückruf ist? Klar, werden Sie denken, kennt man ja aus der Automobilindustrie. Doch im Medizinprodukterecht ist dieser Begriff anders definiert. Ein Missverständnis, das Sie bis zu 25.000 EUR kosten kann.
1. Der Begriff Rückruf
a) Rückruf unter dem MPG und der MPSV (obsolet)
Definition
Ein Rückruf ist, wenn z.B. ein Hersteller ein fehlerhaftes Produkt zurück beordert, so wie VW mehrere Millionen Autos in die Werkstätten zurückruft, um betrügerische Software auszutauschen. Stimmt, oder? Nicht wirklich!
Die Medizinproduktesicherheitsplanverordnung MPSV definierte einen Rückruf wie folgt:
„Korrektive Maßnahme, mit der die Rücksendung, der Austausch, die Um- oder Nachrüstung, die Aussonderung oder Vernichtung eines Medizinprodukts veranlasst wird oder Anwendern, Betreibern oder Patienten Hinweise für die weitere sichere Anwendung oder den Betrieb von Medizinprodukten gegeben werden“
Quelle: MPSV
Um den Satz ganz verstehen zu können, benötigen wir noch die Definition des Begriffs „korrektive Maßnahme“:
„Eine Maßnahme zur Beseitigung, Verringerung oder Verhinderung des erneuten Auftretens eines von einem Medizinprodukt ausgehenden Risikos“
Quelle: MPSV
Der Begriff Rückruf umfasst also weit mehr als das Rückrufen von Produkten, wie folgende Beispiele klarmachen.
Beispiele für Rückrufe
Folgende Maßnahmen eines Herstellers sind Rückrufe im Sinn des Gesetzes:
- Den Kunden eine neue Gebrauchsanweisung schicken, wenn das für die (weitere) sichere Anwendung oder des Betriebs notwendig ist
- Den Kunden verbieten, mit dem Produkt weiter zu arbeiten
- Den Servicetechniker zum Kunden schicken, um ein Bauteil auszutauschen
- Alle Geräte wieder ins Unternehmen zurückzurufen, um sie zu vernichten, auszutauschen, aufzurüsten oder zu reparieren
Nicht jede Verbesserung der Gebrauchsanweisung entspricht einem Rückruf, zumal der Rückruf als Sonderfall einer korrektiven Maßnahme etwas mit der Reduzierung eines Risikos zu tun haben muss. In anderen Worten: Der Austausch einer Gebrauchsanweisung ist nur dann ein Rückruf, wenn dies sicherheitsrelevant ist.
b) Rückruf unter der MDR, dem MPG und seiner Verordnungen
Die MDR definiert den Begriff Rückruf anders als die MPSV.
„Rückruf“ bezeichnet jede Maßnahme, die auf Erwirkung der Rückgabe eines dem Endverbraucher schon bereitgestellten Produkts abzielt;
MDR, Artikel 2, Absatz 62
Dieser Begriff entspricht eher dem Alltagsverständnis. Sowohl der Hersteller als auch eine Behörde können solch eine Rückgabe „erwirken“.
Die MDR kennt zudem den Begriff der Rücknahme:
„Rücknahme“ bezeichnet jede Maßnahme, mit der verhindert werden soll, dass ein in der Lieferkette befindliches Produkt weiterhin auf dem Markt bereitgestellt wird;
MDR, Artikel 2, Absatz 63
2. Regulatorische Anforderungen
a) Anforderungen der MPSV (obsolet)
Das MPG und seine Verordnungen z.B. die MPSV sind nicht mehr gültig. Dieses Teilkapitel beschreibt die Anforderungen vor der Umstellung auf die MDR, das MPDG und seine Verordnungen. Die neuen Anforderungen finden Sie im nächsten Teilkapitel.
Was Sie bei einem Rückruf tun müssen
Die MPSV verlangt von Ihnen, dass Sie
- Rückrufe an die Bundesoberbehörde (BfArM) melden,
- dabei Fristen einhalten (maximal 30 Tage, gegebenenfalls sofort („unverzüglich“)),
- Maßnahmen ergreifen, um die Risiken zu minimieren, und
- sicherstellen, dass diese Maßnahmen wirkungsvoll sind.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV)
Strafen
Wenn Sie es versäumen, die gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, beispielsweise
- einen Rückruf nicht kommunizieren,
- einen Rückruf nicht korrekt oder nicht vollständig kommunizieren,
- einen Rückruf nicht innerhalb der Fristen oder
- in der richtigen Form kommunizieren,
begehen Sie zumindest eine Ordnungswidrigkeit. Für Verstöße sieht das Medizinproduktegesetz MPG Strafen bis 25.000 EUR vor.
Sicherheitsbeauftragter
Die Person, die diese Meldungen an die Behörde kommuniziert, ist der Sicherheitsbeauftragte.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Sicherheitsbeauftragter.
Zur Rolle des Sicherheitsbeauftragten, dessen Aufgaben und Kompetenzen finden Sie eine Schulung im Auditgarant. Lernen Sie dort
- wie man Meldungen gesetzeskonform formuliert,
- über welche Ausbildung ein Sicherheitsbeauftragter verfügen muss,
- welche Informationen der Sicherheitsbeauftragte sammeln und bewerten muss.
Mit den Videotrainings im Auditgarant kommen Sie sogar Ihrer gesetzlichen Pflicht nach Weiterbildung nach.
b) Anforderungen der MDR, des MPDGs und der MPAMIV
Das MPDG verwendet den Begriff des Rückrufs nicht mehr im Sinne einer Maßnahme des Herstellers, sondern eine Maßnahme, welche die Behörde anordnet (s. §74 MPDG, Absatz 2, vierter Aufzählungspunkt).
Wenn der Hersteller hingegen einen Rückruf veranlasst, dann zählt das als eine Korrekturmaßnahme z.B. eine Sicherheitskorrekturmaßnahme.
„Sicherheitskorrekturmaßnahme im Feld“ bezeichnet eine von einem Hersteller aus technischen oder medizinischen Gründen ergriffene Korrekturmaßnahme zur Verhinderung oder Verringerung des Risikos eines schwerwiegenden Vorkommnisses im Zusammenhang mit einem auf dem Markt bereitgestellten Produkt;
MDR, Artikel 2, Abschnitt 68
Wenn der Hersteller eine Sicherheitskorrekturmaßnahme durchführt, muss er gemäß Artikel 87 MDR die zuständigen Behörden informieren. Die Behörde kann dann entscheiden, ob sie einen Rückruf veranlasst (s. §71 MPDG und folgende).
Beachten Sie auch die Anforderungen der MPAMIV, welche die Meldepflicht enthält, sowie unseren Fachartikel zur MPAIMV.
Folgen von Rückrufen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen
Rückrufe bzw. Sicherheitskorrekturmaßnahmen können die folgenden Auswirkungen haben:
- Die Behörde ordnet weitere Maßnahmen an z.B. Rückrufe und Rücknahmen.
- Die Behörde veröffentlicht Maßnahmen bzw. die Informationen über Risiken. Kunden und Wettbewerber sind damit informiert.
- Auch Ihre Benannte Stelle liest diese Meldungen. Das dürfte Gegenstand von Diskussionen beim nächsten Audit sein. Möglicherweise auch Anlass für ein unangekündigtes Audit.
Möglicherweise verfolgt die Behörde noch eine Straf- oder Ordnungswidrigkeit.
Es ist keine gute Idee, diese Konsequenzen vermeiden zu wollen, in dem man die Maßnahmen nicht ergreift oder die Meldungen an die Behörden unterlässt. Denn dies zieht viel höhere Strafen nach sich und ist gegenüber den Patienten unverantwortlich.
Weitere Anforderungen
Was Sie mit Bezug auf Rückrufe tun sollten, gibt Ihnen der Gesetzgeber ziemlich präzise vor:
- Sie müssen ein Marktüberwachungssystem (Vigilanzsystem) implementieren.
- In Deutschland gehört dazu, dass Sie die Rollen der Medizinprodukteberaters besetzt haben.
- Sie müssen eine SOP definiert haben, die beschreibt, wie Ihr Meldesystem funktioniert.
- Ergreifen Sie die Maßnahmen und prüfen Sie, dass diese wirkungsvoll sind.
- Ergreifen sie weitere Maßnahmen um diesen oder ähnliche Fehler künftig zu vermeiden.
Bei schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen ist es wichtig, einerseits schnell zu handeln, um die Fristen einzuhalten und die Patienten nicht zu gefährden. Andererseits ist es wichtig, keine Schrittfehler zu machen.
Falls Sie sich in einem solchen Dilemma fühlen, dann melden Sie sich. Wir helfen schnell und kompetent.
Änderungshistorie
- 2023-08-18: Weitgehende Überarbeitung, um die Anforderungen der MDR, des MPDG und seiner Verordnungen zu berücksichtigen
- 2017-02-08: Erste Version des Artikels
Hallo Herr Johner,
eine treffende Zusammenfassung zu dem Klassiker „Rückruf“.
Das MPG wurde aktualisiert, was viele Hersteller von Medizinprodukten und IVDs nicht bemerkt haben (zudem es in vielen Unternehmen massive Mängel im Prozess der regulatorischen Marktbeobachtung gibt, aber das ist ein anderes Thema).
§42 (3) MPG: Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden.
Aber die 5000 EUR mehr Bußgeld überzeugen im Zweifelsfall auch nicht unbedingt. Ich kann nur jedem empfehlen, sein Vorgehen stets sauber zu dokumentieren.
Danke für Ihre wichtige Ergänzung, lieber Herr Döpp!
Hallo Herr Dr.Johner,
wie ist denn in diesem Zusammenhang der Begriff sicherheitsrelevant definiert?
Geht es hierbei nur um Personenschaden ?
Es geht in der Tat um Risiken für Patienten, Anwender und Dritte.
Sehr geehrter Prof. Johner,
auch 2.5 Jahre nach Veröffentlichung dieses Artikels habe ich eine Frage zum Thema „korrektive Maßnahmen“: Wie hängen korrektive Maßnahmen gemäß MPSV, §2,2 (und als Untermenge dieser ja auch Rückrufe) und CAPAs gemäß 13485, 8.5 zusammen? Folgende Fragen tun sich mir insbesondere auf:
1. Ist jeder CAPA, der ein inverkehrgebrachtes Produkt betrifft, automatisch eine korrektive Maßnahme i.S.d. MPSV?
2. Sind korrektive Maßnahmen i.S.d. MPSV eine (meldepflichtige) Untermenge der „normalen“ CAPAs? Anders gefragt: Werden korrektive Maßnahmen i.S.d. MPSV ausschließlich durch Vorkommnisse i.S.d. MPSV getriggert?
3. Müssen die korrektiven Maßnahmen den „normalen“ CAPA-Prozess durchlaufen?
4. Und zu guter Letzt (und zusammenfassend): Wo ist die Beschreibung des Umgangs mit korrektiven Maßnahmen + Rückrufen prozessseitig „traditionell“ verankert? Im CAPA-Prozess, oder bei Vigilanz / Meldesystem, oder gar in einem eigenen Prozess?
In der Praxis kann ich mir schwer vorstellen, dass jeder Kundenbesuch durch einen Techniker automatisch ein meldepflichtiger Rückruf i.S.d. MPSV ist.
Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung und danke Ihnen vielmals für Ihren tollen & hilfreichen Blog!
Mit besten Grüßen,
Sven Büttner
Danke für die spannenden Fragen, lieber Herr Büttner!
Ich antworte mit der gleichen Nummerierung:
Beste Grüße, Christian Johner
Sehr geehrter Prof. Johner,
eine gute Zusammenfassung zum Thema Rückruf! Der Verantwortliche nach § 5 des Medizinproduktegesetzes hat gem. § 14 I MPSV die gebotenen korrektiven Maßnahmen durchzuführen. Ist der Verantwortliche hierfür ausschließlich zuständig oder können auch andere „Dienstleister“ / Anbieter erforderliche Korrekturen vornehmen und auf eine FSN „aufspringen“. Wie kann der Verantwortliche in einem solchen Fall seinen Dokumentations- , Prüf- und Berichtspflichten nachkommen, ist das Fall für das Wettbewerbsrecht?
Beste Grüße Carsten Claßen
Sehr geehrter Herr Claßen,
danke für die Frage!
Die Verantwortlichkeit bleibt bei der im Gesetz genannten Person. D.h. aber nicht dass die Aufgabe nicht delegiert werden darf. Solche Maßnahmen müssen aber unter dem QM-System des Verantwortlichen durchgeführt werden. Darin muss auch die Prüfung geregelt sein. Der Dienstleiter muss „gelenkt“ werden, d.h. es gelten die Pflichten an die Lieferantenauswahl und -bewertung.
Viele Grüße, Christian Johner
Sehr geehrter Herr Prof. Johner, vielen Dank für diese aufschlussreiche Zusammenstellung. Ich habe eine Frage für wen diese Verantwortlichkeiten gelten. Sicher für den Hersteller, va wenn dieser in der EU sitzt.
Aber wie sieht es mit deutschen /europäischen Importeuren aus, wenn der hersteller im nicht EU-Ausland ist und benannte Stelle natürlich in der EU? Fallen dann auch zb Meldepflicht etc an? Oder obliegt dies dennoch dem hersteller und der benannten Stelle?
mit besten Grüßen
Sehr geehrter Herr Enrst,
ich habe Ihnen eine Übersicht erstellt, in der Sie sehen, wer wem berichten muss. Sie finden in der Grafik auch die jeweiligen Artikel der MDR genannt.
Geben Sie gerne Bescheid, wenn das Ihre Frage nicht beantworten sollte.
Viele Grüße, Christian Johner
Sehr geehrter Prof. Johner,
danke für den Atrikel zum Thema Rückruf! Mir stellt sich die Frage, was sich bezüglich des Rückrufs geändert hat, seit die MPSV nicht mehr gültig ist. Auch auf der Seite des BfArM wird sich noch darauf berufen, aber sie ist doch seit Mai außer Kraft gesetzt. In der MPAMIV und in anderen Verordnungen/Gesetzen habe ich bis jetzt noch nichts Detailliertes dazu gefunden. Haben Sie da nähere Infos zu dem aktuellen Stand?
Mit freundlichen Grüßen
Anna Kisser
Bitte die Verweise auf die MPSV entfernen/ersetzen.
FSCA erwähnen?
Sie haben absolut Recht, Herr Pollich!
Ich werde den Beitrag noch diesen Monat aktualisieren!
Herzlichen Dank für Ihren Hinweis!
Viele Grüße
Christian Johner
Sehr geehrter Herr Johner,
ich würde mich der Frage von Frau Kisser gern nochmal anschließen. Im MPAMIV konnte ich keine Definition des Begriffes „Rückruf“ mehr finden und in der IVDR ist die Definition recht spärlich zur früheren Definition in der MPSV. Ist das jetzt noch irgendwo anders verankert?
Für mich stellt sich die Frage, ob ein Hinweis per Mail an einen Kunden zur Verwendung des Produktes (was durchaus der Sicherheit dient, aber eigentlich im Rahmen der Tätigkeit von Fachpersonal so wie so gemacht werden sollte, also best practice sozusagen = prüfen, ob Ergebnisse einen Sinn ergeben) wirklich einen Rückruf darstellt?
Sehr geehrte Frau Schock,
mir ist keine weitere oder präzisere Definition als die in der MDR/IVDR bekannt, welche wie folgt lautet „„Rückruf“ bezeichnet jede Maßnahme, die auf Erwirkung der Rückgabe eines dem Endverbraucher schon bereitgestellten Produkts abzielt;“. Gemäß der vorherigen Definition muss der Zweck der Maßnahme die Erwirkung der Rückgabe des Produktes sein. Diesen Zweck kann ich Ihrer Schilderung nicht entnehmen, weshalb ich dies nicht als Rückruf ansehen würden.
Herzliche Grüße
Markus Gerhart
Wie immer vielen Dank für die Informationen.
Zwei Fragen zur Thematik habe ich:
1) Gibt es Vorgaben, auf welchem Wege ein Rückruf erfolgen muss? Sprich muss dieser in Papierform erfolgen, oder wäre auch eine Zusendung per Email denkbar? Wenn Email, ist eine Lesebestätigung erforderlich, wenn die Emailadresse für regelmäßige Korrespondenz genutzt wird (also bekanntermaßen funktioniert und gelesen wird)?
2) Wer trägt die Kosten des Rückrufs innerhalb der Vertriebskette? Die MDR ist da aus meiner Sicht nicht eindeutig: an der einen Stelle wird erwähnt, dass ein Hersteller alle Kosten des Rückrufs zu tragen hat. An anderer Stelle heisst es, dass alle Marktteilnehmer eine Mitwirkungspflicht haben. Leider gibt es aber diverse Hersteller, die nur ihre eigenen Kosten übernehmen und bei Bitte um Kostenerstattung durch einen Händler (bspw. für Porto etc.) mit Verweis auf die Mitwirkungspflicht die Übernahme der Kosten ablehnen.
Meiner Einschätzung nach müssen Kosten durch die Vertriebskette hinweg durch den Hersteller getragen werden und die Mitwirkungspflicht beschränkt sich auf die Weitergabe der Informationen innerhalb der Lieferkette. Hier wäre eine zweite Einschätzung sehr interessant zu lesen.
Sehr geehrter Herr Haberland,
folgende Gedanken kann ich Ihnen zu ihren Fragen geben:
1. Mir sind keine expliziten Vorgaben hinsichtlich der Art und Weiße der Übermittlung bekannt. Innerhalb des Meldeformulars des BfArM bestehen die Möglichkeiten dieses zu Drucken oder direkt per E-Mail an die entsprechende stelle zu senden. Somit ist die Art der Übermittlung dem Meldenden freigestellt.
2. Die Medizinprodukteverordnung (MDR) definiert keine ökonomischen Aspekte hinsichtlich der Kostenverteilung im Rahmen von Rückrufen zwischen Wirtschaftsakteuren. Dieser Sachverhalt müsste auf Grundlage der bestehenden Verträge zwischen den Wirtschaftsakteuren beleuchtet werden.
Herzliche Grüße
Markus Gerhart
Sehr geehrter Herr Johner,
Im Fall dass ein Kunde anruft und vor einem schwerwiegenden Vorfall berichtet , dass mit unserem Produkt den wir als Händler betreiben berichten.
Dürfen wir einen Rückruf durchführen? oder darf nur der Hersteller nach Überprüfung seines Produktes einen Rückruf einleiten.
was kann ich denn als Händler tuen um die Sicherheit der Anwender zu gewährleisten,
Denn nur den Hersteller zu Infomieren und auf eine Antwort zu warten scheint mir zu wenig zu sein.
bzw. gibt es Ausnahmen wann ein Händler selbsbstständig Rückrufe führen kann.
Danke
Maya
Guten Tag,
in diesem Fall müsste der Händler nicht nur den Hersteller informieren, sondern unbedingt auch die zuständige nationale Behörde. Über die geeignete Feldmaßnahme sollte der Hersteller entscheiden oder falls nicht angemessen, von der Behörde angeordnet werden. Die Händler müssen dabei unterstützen und dürfen die entsprechenden Produkte nicht mehr bereitstellen.
Freundliche Grüße
Luca Salvatore
Sehr geehrter Herr Johner,
einer unserer Händler möchte explizit im QSV vertraglich Fristen definiert haben in welchem Zeitraum er einen „Rückruf“, bzw. “ Rücknahme“ des Produktes in unserem Auftrag in der Theorie durchführen soll. Weder in der MDR noch den Leitlinien sind mir vordefinierte Fristen in welchem Zeitraum eine Rücknahme stattzufinden hat ( z.B. 10 Tage, 30 Tage etc.). Uns sind nur die Fristen der Meldungen bekannt.
Sind wir als Hersteller verpflichtet dies in unserem Vigilanz System zu spezifizieren? Unserer Meinung nach ist dies nicht möglich so zu präzisieren da dies abhängig ist vom Produkt selbst als auch der Schwere des Vorkommnisses.
Wie sehen Sie diese Einschätzung?
Sehr geehrte Frau Schwörer,
danke für die spannende Frage!
Zuerst Glückwunsch zu Ihrem Händler, der auf so präzise Vorgaben drängt.
In Ihrem Vigilanzsystem sollten Sie in der Tat die Fristen festlegen, innerhalb derer Maßnahmen zu erfolgen haben. Diese Fristen hängen wie Sie schreiben vom Vorkommnis ab. Genau diese Abhängigkeiten sollten Sie in Ihren SOPs/Arbeitsanweisungen spezifizieren. Denn Ihre Kolleginnen und Kollegen sollen ja, ohne Gesetze und Leitlinien studieren zu müssen, wissen (bzw. in Ihren Vorgabedokumenten nachlesen können), was sie innerhalb welcher Frist zu tun haben.
Aus diesen Vorgaben ergeben sich die Vorgaben für Ihre Händler. Wenn beispielsweise der Gesetzgaber maximal 10 Tage für eine Maßnahme erlaubt und sie intern 2 Tage benötigen, um die Informationen zu bewerten, dann bleibt Ihrem Händler entsprechend weniger Zeit.
Mit den besten Grüßen, Christian Johner
Sehr geehrter Herr Prof. Johner,
an dieser Stelle erstmal herzlichen Dank für die sehr aufschlussreichen Beiträge von Ihnen und Ihrem Team.
Beim Vergleich der MPSV mit der MDR bzw. bei der Durchsicht letzterer sind mir folgende Fragen gekommen:
1. Umfasst der Begriff der „Korrekturmaßnahme“ in der MDR neben dem Rückruf und der Rücknahme auch nachträgliche Warnungen/Instruktionen gegenüber Produktanwendern (so wie der weite Rückrufsbegriff der MPSV)? Mit anderen Worten: Stellt das Informieren von Anwendern eine Maßnahme zur Beseitigung der Ursache der Nichtkonformität (oder unerwünschten Situation) dar, sodass dies eine geeignete Maßnahme im Rahmen von Art. 10 Abs. 12 MDR sein kann?
2. Meint „Produkt“ in Art. 10 Abs. 12 MDR das konkrete Einzelprodukt oder das Produktmodell?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Viele Grüße
A. Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
danke für die spannenden Fragen!
Beste Grüße, Christian Johner