Medizingeräte verfügen über zahlreiche Hardware-Schnittstellen. Diese sollten Hersteller genau dokumentieren, um das Produkt ohne unnötige Nachbesserungen entwickeln, Testfälle ableiten und regulatorische Forderungen erfüllen zu können.
Dieser Beitrag gibt Tipps, wie es Ihnen gelingen wird, die Hardware-Schnittstellen Ihrer Medizinprodukte schnell und präzise zu spezifizieren.
Beispiele für Hardware-Schnittstellen
Jedes Medizinprodukt hat eine Schnittstelle und sei es nur über eine Benutzerschnittstelle. Aktive Medizinprodukte verfügen über weitere Schnittstellen (auch Hardware-Schnittstellen) wie beispielsweise:
- Elektrische Schnittstelle (an die Stromversorgung z.B.ans Stromnetz oder zu einer Batterie)
- Mechanische Schnittstellen (denken Sie an Griffe)
- Sensor-Schnittstellen (dazu weiter unten mehr)
- Wasser-Schnittstellen (wie beispielsweise bei einer „Spülmaschine“ für Endoskope)
- Gas-Schnittstellen (bei Anästhesie-Geräten)
- Akustische Schnittstellen (wie Alarme, die allerdings der Benutzerschnittstelle zugeordnet sind)
- Druckluft-Schnittstellen
- usw.
Tipps zum Spezifizieren von Hardware-Schnittstellen
Hardware-Schnittstellen spezifizieren Sie, in dem Sie das Produkt als Blackbox beschreiben. Verfallen Sie nicht der Versuchung, bereits inneres Verhalten zu diskutieren. Gehen Sie nur darauf ein, was wirklich nach außen „erfahrbar“ ist.
Elektrische Schnittstellen
Bei elektrischen Schnittstellen als einer der häufigsten Hardware-Schnittstelle sollten Sie u.a. auf folgende Aspekte eingehen:
- Formfaktor: Geometrie des Steckers oder der Verbindung nach außen.
- Materialien: Die Materialien sind gleichzeitig Teil der Benutzerschnittstelle. Beschreiben Sie diese nur, wenn diese für die weitere Entwicklung oder aus regulatorischer Sicht relevant sind.
- Spannung und Strom: Legen Sie fest, welche Spannung das System erwartet und welche Stromstärke von außen geliefert werden muss. Gehen Sie ggf. auf Phasenverschiebungen, Gleichstromanteile und Blindleistung ein.
- Robustheit: Wie soll sich das Produkt bei Über- oder Unterspannungen verhalten? Wie bei Stromausfall oder Spannungsschwankungen? Was muss das Medizinprodukt tolerieren?
Insbesondere bei den elektrischen Schnittstellen gibt es normative Anforderungen, insbesondere die der IEC 60601-Familie, die berücksichtigen müssen.
Datenschnittstellen
Die Datenschnittstellen werden meist von Software „bedient“. Das bedeutet aber keinesfalls, dass Sie die Spezifikation dieses Schnittstellentyps aufschieben sollten, bis die Software-Anforderungen beschrieben sind. Vielmehr sollten die Software-Anforderungen die Systemanforderungen (hier an die Hardware-Schnittstelle „Datenschnittstelle“) referenzieren.
Sie finden zum Spezifizieren von Datenschnittstellen weitere Artikel in diesem Blog:
- Interoperabilitätsmodell: So vergessen Sie keinen Aspekt
- Allgemeines zu den Software-Anforderungen
- ISO 25010 (bzw. ISO 9126): Die Taxonomie, mit der Sie die Vollständigkeit von Schnittstellen prüfen können.
Hardware-Schnittstellen: Sonderfall Sensoren
Ein Sonderfall von Hardware-Schnittstellen sind Sensoren. Zum einen sind Sensoren Bauteile. Zum anderen verfügen Sensoren über Schnittstellen, nämlich nach „außen“ und nach „innen“.
Beispielsweise hat ein Temperatursensor eine „Temperatur-Schnittstelle“ nach außen und nach innen typischerweise eine elektrische (Spannung/Widerstand) oder elektronische (z.B. I2C). D.h. nach außen ist die Schnittstelle, die Messgröße, nach innen eine „Datenschnittstelle“.
In der Spezifikation Ihres Medizinprodukts (PEMS-Spezifikation) werden Sie festlegen, wie sich das Medizinprodukt nach außen verhalten soll, abhängig von der Messgröße an der äußeren Schnittstelle des Sensors.
In der System-Architektur werden Sie dann die Anforderungen an die Komponenten, insbesondere an die PESS, spezifizieren. Dazu benötigen Sie ein Verständnis, wie das Bauteil Sensor die Messgröße (äußere Schnittstelle) auf die innere Datenschnittstelle abbildet. Diese Information finden Sie typischerweise im Datenblatt des Sensors.