Die Norm IEC 60601-1-11 ist eine Ergänzungsnorm zur IEC 60601-1. Sie legt Anforderungen an Medizinprodukte fest, die in einer häuslichen Umgebung verwendet werden.
Die Norm trägt den Titel “Medical electrical equipment Part 1-11: General requirements for basic safety and essential performance Collateral Standard: Requirements for medical electrical equipment and medical electrical systems used in the home healthcare environment”,
Die Hersteller dieser Produkte müssen die IEC 60601-1-11 zusätzlich zur IEC 60601-1 mit den Allgemeinen Festlegungen für ME-Geräte und ME-Systeme anwenden.
Dieser Artikel hilft Ihnen,
- zu erkennen, ob Sie die Norm überhaupt anwenden müssen,
- zu verstehen, was die IEC 60601-1-11 von Ihnen verlangt,
- zu ermitteln, welchen Handlungsbedarf das Amendment 1 (die Edition 2.1 2020-07) für Sie bringt, und
- zu gewährleisten, dass Ihre Produkte gesetzeskonform sind und keine Probleme in Audits, Zulassungen oder gar bei deren Anwendung entstehen.
1. Die IEC 60601-1-11 im Überblick
a) Um was es geht
Es gibt immer mehr Medizinprodukte in der häuslichen Umgebung
Zunehmend werden Medizinprodukte in der häuslichen Gesundheitsfürsorge eingesetzt. Das betrifft nicht nur das einfache Hausthermometer oder Blutdruckmessgerät, sondern auch Medizinprodukte mit lebenserhaltenden Funktionen wie Geräte für die Heimdialyse, Beatmungsgeräte oder andere Unterstützungssysteme, z. B. zur Herz-Kreislauf-Unterstützung.
Die häusliche Umgebung unterscheidet sich
Die häusliche Betriebsumgebung (Nutzungsumgebung) ist im Vergleich zu einer professionellen Versorgungsumgebung (Krankenhaus, Arztpraxis) in vielen Aspekten (EMV, Energieversorgung) weniger gut kontrolliert.
Typische Unterschiede in der häuslichen Umgebung sind:
- Unterschiedliche Qualität der Netzversorgung
- Unbekannte Qualität der Schutzerde (Überprüfungen sind keine Vorschrift)
- Höhere Temperaturen und Luftfeuchtigkeit
- Nicht-Medizinprodukte mit unbekannter Qualität und Störbeeinflussung
- Vielfältigere EM-Umgebungen mit elektromagnetischen Störungen, z. B. durch Handys und Ladegeräte
- Höhere Eintrittswahrscheinlichkeiten für bestimmte Umstände
- Anwendung durch Laien bzw. Anwender mit ungenügender Ausbildung
- Vorhersehbare Fehlnutzung, z. B. durch Kinder, die Zugang haben
Daraus resultieren höhere Anforderungen
Daher gelten für solche Medizinprodukte, insbesondere wenn sie von Laien bedient werden, zusätzliche (höhere) Anforderungen an:
- Elektrische Sicherheit
- IP-Schutzart (Berührungsschutz, Staub, Wasser)
- Umgebungsbedingungen für Transport, Betrieb
- Bedienbarkeit und Kennzeichnung
- Prüfkriterien
Dadurch legt die Norm zusätzliche risikominimierende Maßnahmen fest.
b) Geltungsbereich
Was im Geltungsbereich liegt
Die IEC 60601-1-11 ist anwendbar auf
- Medizinprodukte,
- die in den Anwendungsbereich der IEC 60601-1 fallen (medizinisch elektrische Geräte) und
- in der häuslichen Umgebung eingesetzt werden.
Es ist unerheblich, ob die Benutzer Patienten bzw. Laien ist oder professioneller Nutzer sind.
Die IEC 60601-1-11 definiert ihren Geltungsbereich wie folgt:
This International Standard applies to the BASIC SAFETY and ESSENTIAL PERFORMANCE of MEDICAL ELECTRICAL EQUIPMENT and MEDICAL ELECTRICAL SYSTEMS for use in the HOME HEALTHCARE ENVIRONMENT, as defined in 3.1, and specified by the MANUFACTURER in the instructions for use. This International Standard applies regardless of whether the ME EQUIPMENT or ME SYSTEM is intended for use by a LAY OPERATOR or by trained healthcare personnel.
IEC 60601-1-11
Beispiele für die häusliche Umgebung („HOME HEALTHCARE ENVIRONMENT“) sind:
- Zuhause
- Auto
- Öffentliche Verkehrsmittel wie Bus, Zug, Boot oder Flugzeug
- in einem Rollstuhl
- beim Gehen im Freien
Die Norm liefert auch ein Definition des Begriffs HOME HEALTHCARE ENVIRONMENT.
Auch die „EMV-Norm“ IEC 60601-1-2 verwendet den Begriff Home Healthcare Environment. Sie nennt weitere Beispiele für Anwendungsbereiche, die unter diesen Begriff fallen:
Verwenden Sie den Begriff Home Healthcare gleich in der Use Specification und der Gebrauchsanleitung und vermeiden somit Diskussionen. Beachten Sie auch den Artikel zur IEC 60601-1-2, der in der neuesten Version auch zusätzliche Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit von Medizinprodukten im Home Healthcare Environment eingeführt hat.
Was nicht im Geltungsbereich liegt
Die IEC 60601-1-11 gilt nicht für folgenden Medizinprodukte bzw. Anwendungsfälle:
- Einsatz ausschließlich zur Verwendung in der notfallmedizinischen Dienstleistung, die von der IEC 60601-1-12 abgedeckt werden
- Verwendung ausschließlich in Einrichtungen der professionellen Gesundheitsfürsorge, die von der IEC 60601-1 abgedeckt werden
- Implantate
c) Aufbau der IEC 60601-1-11
Die Norm enthält 13 Kapitel und 3 Anhänge. Die Kapitelübersicht lässt viele der speziellen Anforderungen erkennen:
- Dokumentation und Labeling
- Elektrische Sicherheit
- Konstruktion, mechanische Festigkeit
- Umgebungsbedingungen
Das folgende Kapitel stellt viele dieser Anforderungen genauer vor.
2. Anforderungen der Norm
a) Anforderungen im Überblick
Die Norm IEC 60601-1-11 legt fest,
- innerhalb welcher Netzspannungsschwankung Geräte noch zuverlässig funktionieren müssen,
- bei welchen Umgebungsbedingungen sich Geräte sicher verwenden lassen müssen,
- dass Geräte entweder als Schutzklasse II oder batteriebetrieben gekennzeichnet werden müssen,
- dass Anwendungsteile vom Typ BF sein sollten,
- wie die Hersteller das Produkt kennzeichnen und welche Informationen in der Gebrauchsanweisung stehen müssen,
- wie Batterieanzeigen funktionieren müssen,
- welchen Schutzgrad Geräte gegen Berührung, Staub und Wasser erfüllen müssen,
- welchen mechanischen Stress (Schock, Vibration, Stoß, Fall, Schlag) die Geräte aushalten müssen und
- wie Prüfer prüfen müssen.
b) Anforderungen an die elektrische Sicherheit
Besonders nennenswert ist die Anforderung an die Schutzklasse II.
Problemstellung
Die Qualität der Schutzleiters, insbesondere bei älteren Gebäuden, ist oft unzureichend, oder es ist keine Schutzerde vorhanden. Zudem ist auch keine regelmäßigen Überprüfung der elektrischen Installation vorgeschrieben.
Lösung/Anforderung
Daher erlaubt die IEC 60601-1-11 für Medizinprodukte in der häuslichen Umgebung keinen Schutzleiter als Schutzmaßnahme gegen den elektrischen Schlag.
Das bedeutet, dass Geräte entweder mit einer Batterie betrieben werden oder dass die Geräte die beiden geforderten Schutzmaßnahmen zum Patienten- oder Bedienerschutz (2MOOP, 2MOPP) ohne Schutzleiter erreichen müssen.
Daraus folgt auch, dass für solche Geräte nur Anwendungsteile vom Typ F (BF, CF) zulässig sind.
Medizinprodukte haben häufig Netzanschlüsse oder andere Anschlüsse wie USB. Die Anforderung an den Typ F stellt sicher, dass auch Zubehörteile an solche Anschlüsse angeschlossen werden dürfen, bei denen vorhersehbar ist, dass sie keine angemessenen Grenzwerte für den Berührungsstrom haben.
Die Klassifikation Typ F bezieht sich auf die Art der elektrischen Isolation vom Anwendungsteil gegenüber allen anderen Teilen, z. B. Netzspannung oder Gehäuse. Der Buchstabe F steht für „floatend“ (schwebend) und bedeutet, dass das Anwendungsteil elektrisch auf einem anderen Potential als der Erdung liegt.
Es gibt Ausnahmen für fest installierte Geräte, die durch einen Fachmann installiert werden.
c) Anforderungen an die mechanische Festigkeit
Medizinprodukte müssen die Anforderungen an die Basissicherheit erfüllen. D. h., dass sie auch dann korrekt funktionieren müssen, wenn sie mechanisch beansprucht werden. Die IEC 60601-1 legt zum Nachweis der mechanischen Festigkeit im Abschnitt 15.3. bestimmte Prüfungen für Formteilspannungen, Druck, Schlag oder Fall fest.
Die IEC 60601-1-11 definiert für bestimmte Betriebsbedingungen zusätzliche Prüfungen:
- Shock test (Schock)
- Broad-band random vibration test (Vibration)
- Free fall test (Freier Fall)
Grundlagen für die zusätzlichen Prüfungen bildet die Prüfnorm IEC 60068 und deren Teile. Für Geräte, die während des Transports bestimmungsgemäß betrieben werden, gelten zusätzlich erhöhte Testanforderungen.
Die IEC 60601-1-11 unterscheidet die folgenden Betriebsbedingungen und legt dafür zusätzliche Festigkeitsprüfungen fest:
Bei Bewegung nicht betriebsfähig | Bei Bewegung betriebsfähig | |
Handgehalten | – Schock (10.1.2 a) – Vibration (10.1.2 b) Bsp. Thermometer | – Schock (10.1.3 a) – Vibration (10.1.3 c) Bsp. Sensor zur Messung Sauerstoffsättigung, Inhalator |
Am Körper getragen | – Schock (10.1.2 a) – Vibration (10.1.2 b) Bsp. Nervenstimulator | – Schock (10.1.3 a) – Vibration (10.1.3 c) Bsp. Insulinpumpe, Hörgerät |
Tragbar | – Schock (10.1.2 a) – Vibration (10.1.2 b) Bsp. Blutdruckmessgerät als Tischgerät | – Freier Fall (10.1.3 d) – Schock (10.1.3 a) – Vibration (10.1.3 c) Bsp. Sauerstoffkonzentrator |
Fahrbar | – Schock (10.1.2 a) – Vibration (10.1.2 b) Bsp. Heimbeatmungsgerät auf einem Gerätewagen | – Freier Fall (10.1.3 d) – Schock (10.1.3 a) – Vibration (10.1.3 c) Bsp. Rollstuhl |
Fest oder ortsfest | keine zusätzlichen Messungen Bsp. Dialysemaschine | — |
So muss zum Beispiel ein Gerät, das am Handgelenk getragen wird, eine Spitzenbeschleunigung von 1000 m/s2 (100 g) standhalten. Ein Zahnarztbohrer, für den die IEC 60601-1-11 nicht gilt, muss diese hohe Anforderung zum Beispiel nicht erfüllen.
Ein Gehäuse oder eine Konstruktion, die für die Anwendung in einer professionellen Umgebung geeignet ist, ist nicht zwangsläufig für den häuslichen Gebrauch geeignet.
d) Anforderungen an die Umgebungsbedingungen für Betrieb, Transport und Lagerung
Die IEC 60601-1-11 beschreibt im Abschnitt 4.2 zusätzliche Anforderungen an die Betriebs-, Transport- und Lagerbedingungen sowie an die Testdurchführung.
Die zulässigen Umgebungsbedingungen für Transport und Lagerung müssen in der Gebrauchsanweisung und/oder auf den Geräten gut ersichtlich angegeben werden. Das betrifft insbesondere den Transport zwischen den Anwendungen, wenn z. B. Geräte für die häusliche Pflege zwischen den Anwendungsorten transportiert werden müssen.
Geräte, die aus einer kalten Umgebung in eine warme Umgebung kommen und dort eingeschaltet werden, könnten ein Risiko darstellen.
Die erhöhten Prüfanforderungen berücksichtigen auch den Umstand, dass Anwender die Hinweise nicht immer befolgen, und senken somit weiterhin die Wahrscheinlichkeit eines Schadens .
Hersteller sollten berücksichtigen, dass diese besonderen Tests bis zu 24 Stunden dauern können.
3. Harmonisierung und Gültigkeitsfristen
a) Übersicht
Die IEC 60601-1-11 wurde kontinuierlich weiterentwickelt:
Edition | Datum |
1.0 (zurückgezogen) | 2010-04 |
2.0 (gültig) |
2015-01 |
2.1 (Amendment 1 zur Edition 2.0) |
2020-07 |
3.0 |
2024? |
b) Amendment 1 (AMD1)
Das Amendment 1 zur IEC 60601-1-11 aus dem Jahr 2020 ergänzt wichtige Aspekte, die nicht warten konnten bis zur nächsten, für das Jahr 2024 geplanten Version 3.
Es umfasst auf acht Seiten im Wesentlichen vier Schwerpunkte:
- Datierte Verweise auf andere Normen
- Verwendung von Symbolen für die Kennzeichnung
- Zusätzliche Anforderungen für die Kennzeichnung der IP-Klassifizierung
- Zusätzliche Anforderungen an eine interne elektrische Stromversorgung
Die Änderungen aus dem Amendment 1 haben wir entsprechend der möglichen Auswirkung auf ein Produkt bewertet:
- L1 – beinhaltet nur Klarstellungen und Textkorrekturen (nicht in der Tabelle enthalten)
- L2 – Anpassungen bei der Kennzeichnung oder in der IFU können notwendig sein
- L3 – Kann zu Änderungen an der konstruktiven Auslegung führen
Clause |
Änderung |
Impact Level |
7.2 * Additional requirements for marking of IP classification | Wenn der IP-Schutz durch eine Kombination aus Gehäuse und/oder Tragetasche/Koffer realisiert wird, müssen diese Teile entsprechend gekennzeichnet werden: · Das ME-Gehäuse mit IP-Schutzniveau und Sicherheitszeichen (IEC 60601-1:2005, Table D.2, SAFETY SIGN 2) und Warntext ODER · Aufgeklapptes Buch (IFU mit Warnhinweis) · Tasche/Koffer mit IP-Schutzniveau Wenn der IP-Schutz ausschließlich durch die Tasche/Koffer erbracht wird und das ME-Gerät keinen IP-Schutz hat (IPXX, IP00, IPX0 oder IP0X), muss nur die Tasche gekennzeichnet werden. Der IP-Test muss zusammen mit der Tasche/Koffer durchgeführt werden. |
L2 |
8.3.1 * Ingress of water or particulate matter into ME EQUIPMENT | Wenn die Tasche/Koffer im bestimmungsgemäßen Gebrauch (Bsp. PORTABLE ME EQUIPMENT) den gesamten IP-Schutz oder einen Teil bereitstellen, muss der IP-Test des ME-Geräts zusammen mit der Tasche/Koffer nach IEC 60529 durchgeführt werden. |
L3 |
8.5.3 * Additional requirements for separation of parts | 2MOPP zwischen Anwendungsteil (AT) und Versorgungsnetz, wenn das ME-Gerät während des Betriebs (Patient mit AT verbunden) mit einem Versorgungsnetz verbunden ist. Beispiel: Aufladen Klarstellung, dass ein Patient als Operator betrachtet werden kann Klarstellung, dass die Trennung von berührbaren Teilen MOOP ausreicht, wenn Betrieb und Laden nicht gleichzeitig möglich sind |
L3 |
c) Harmonisierung und Übergangsfristen in Europa
Die EU hat im April den Entwurf Standardisation requests to the European standardisation organisations erstellt. Darin listet sie für alle MDR- und IVDR-Produkte diejenigen Normen auf, die die Normenkommissionen bis 27. Mai 2024 harmonisieren müssen (Z-Anhänge schreiben). Dieser Standardization Request nennt das Amendment 1.
Die aktuellen Informationen zum Stand der Harmonisierung finden Sie im Artikel zu den harmonisierten Normen.
Daher empfiehlt das Johner Institut allen Anwendern, das Amendment 1 bereits jetzt zu berücksichtigen. Das ist möglich, da die Prüfhäuser für die zusätzlichen Prüfungen keine neuen Tests einrichten müssen.
Zudem schließen die Ergänzungen im AMD1 wichtige Lücken und sorgen für mehr Klarheit.
d) Übergang von der Edition 2 auf die Edition 2.1 in den USA
Die FDA hat das Amendment 1 bereits gelistet. Die FDA wird nur noch bis zum 17. Dezember 2023 Konformitätserklärungen nach [ed2.0:2015] akzeptieren. Danach erwartet sie die Anwendung des ersten Amendments aus dem Jahr 2020.
Das Guidance-Dokument ‚Design Considerations for Devices Intended for Home Use‘ empfiehlt die Anwendung der IEC 60601-1-11, allerdings noch die alte Version von 2011.
4. Fazit, Zusammenfassung
Die IEC 60601-1-11 ist eine wichtige Ergänzungsnorm, denn sie hilft Risiken zu verringern, die sich aus dem Nutzungskontext der häuslichen Umgebung ergeben.
Das Amendment 1 liefert die dringend notwendige Klarstellung, dass ein Patient auch als Bediener betrachtet werden kann. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der Patient das Gerät zum Aufladen in eine Ladeschale legt (und es dabei nicht trägt). Die Ladeschale muss dann nur den Bedienerschutz und nicht den Patientenschutz erfüllen. Daher dürfen Hersteller für diesen Falls Standardzubehör (z. B. Standardnetzteile) verwenden.
Das Johner Institut unterstützt Medizinproduktehersteller dabei, die Anforderungen der Normenfamilie IEC 60601-1 zu erfüllen und so die schnelle und sichere Zulassung ihrer Medizinprodukte zu gewährleisten. Es hilft auch dabei, unnötige Kosten und Aufwände zu vermeiden, in dem es passgenaue Prüfpläne entwickelt und Prüflabore auswählt und anleitet. Nehmen Sie gleich Kontakt auf (z.B. per Kontaktformular), um mehr zu erfahren.
Bitte können Sie mir sagen, ob die IEC 60601-1-11
Edition
Datum: 2.0:2015-01 noch gültig ist, bzw. wann ihre Gültigkeitsfrist abgelaufen ist? Bei Erscheinen der 2.1 Edition?
und
wann die Umsetzungsfrist 2.1 (Amendment 1 zur Edition 2.0) 2020-07 endet?
Liebe Frau Kresse,
mein Kollege Christian Rosenzweig hat mir dazu die folgende Antwort gegeben:
Als Faustregel gilt, dass eine internationale Norm im regulierten Umfeld entweder bei ihrer Harmonisierung relevant wird oder spätestens drei Jahre nach ihrer Veröffentlichung.
Die jeweils neuste Version von (harmonisierten) Normen gilt aber als Stand der Technik (und zwar schon ab erstem veröffentlichtem Entwurf) und muss von Herstellern berücksichtigt werden. Das sieht im einfachsten Fall so aus, dass der Hersteller einen Vergleich von neuer und alter Version macht und die Relevanz und Auswirkung auf Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Produkte analysiert und bewertet. Wenn es keinen dringenden Handlungsbedarf gibt, kann er vorläufig bei der alten Version bleiben. Aber er muss dann einen Plan zur Umsetzung erstellen.
Speziell für die IEC 60601-1-11 kann ich Sie außerdem auf unsere Podcastfolge „2021-09: IEC 60601-1-2 AMD1:2020 – Aufholjagd zum Stand der Wirklichkeit“ verweisen.
Ich hoffe, die Antwort hilft Ihnen weiter!
Herzliche Grüße
Anja Segschneider | Redaktion
https://johner-institut.podigee.io/25-
Hallo Herr Johner,
danke für die Beispiele zu den Kombinationen aus Betriebsfähigkeit und Beweglichkeit. Uns ist aufgefallen, dass sich bei einer geringfügig unterschiedlichen Interpretion die Einordnung komplett ändern kann.
Wenn der Gerätewagen eines „fahrbaren“, aber „bei Bewegung nicht betriebsfähigen“ Gerätes während des Betriebs um 30 cm bewegt werden kann, wird dann das Gerät zu einem „bei Bewegung betriebsfähigen“ Gerät?
Könnte ein „tragbares“ Gerät auch als „Ortsfest“ eingestuft werden, wenn es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht getragen wird?
Müsste die Definition „Bei Bewegung nicht betriebsfähig“ und „Bei Bewegung betriebsfähig“ nicht schon auf der Ebene der 60601-1 erfolgen, und nicht erst in der Homecare-Norm? Die Unterscheidung dürfte ja auch für den Klinik-Bereich gelten.
Viele Grüße
M. Mend
Lieber Herr Mend
Danke für Ihre spannende Fragen.
Ich fange mit Ihrer letzten Frage an. Die Begriffe kommen aus der Basisnorm und gelten somit auch für ME-Geräte im Klinik-Bereich. Die IEC 60601-1-11 hat teilweise andere Prüfschärfegrade.
Ein Bewegungsradius für „fahrbar“ gibt es nicht. Die Norm sagt, ohne merkliche Einschränkung des Bewegungsbereichs. Die Prüfungen Stoss, Fall und Schlag liefern einen Hinweis auf die Gefährdungen. Daraus können Sie ableiten, ob die Gefährdungen für Ihre Anwendungsbestimmung zutrifft. Klären Sie das am besten über die Risikoanalyse und ordnen Sie dann das Gerät entsprechend ein. Ein Gerät, dass auf einem Gerätewagen installiert ist und damit von einem Ort zu einem anderen gefahren wird, würde man diesen Tests unterziehen, da es den Stress beim Fahren aushalten muss.
Wenn ihr Gerät nicht dazu bestimmt ist, von einem Ort zu einem anderen bewegt zu werden, dann haben Sie kein tragbares Gerät. Es kommt auf den bestimmungsgemässen Gebrauch an. Einen PC, der fest angeschlossen ist, aber dennoch einfach bewegt werden kann, könnte man durchaus als ortsfest einstufen. Einen Laptop würde man als tragbar einstufen.
Liebe Grüsse, Mario Klessascheck