Dass Mehrfachsteckdosen auch bei Medizinprodukten in der täglichen Praxis benötigt werden, liegt auf der Hand.
Doch welche regulatorischen Konsequenzen sich ergeben, wenn man Mehrfachsteckdosen verwendet, ist vielen nicht klar.
Dieser Artikel verschafft Ihnen den notwendigen Überblick darüber,
- welche Risiken dadurch entstehen,
- wie Sie diese Risiken identifizieren, analysieren und vermeiden können,
- welche regulatorischen Anforderungen Sie dabei beachten müssen.
Inhaltsübersicht |
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1. Beispiele für den Einsatz » |
2. Definitionen » |
3. Risiken und Gefährdungen » |
4. Regulatorische Anforderungen » |
5. Systementwurf » |
6. Prüfungen » |
7. FAQ » |
1. Der Einsatz von Mehrfachsteckdosen
Betreiber z.B. Krankenhäuser setzen Mehrfachsteckdosen ein, um
- zu kurze Netzanschlussleitungen zu verlängern,
- den Mangel an Steckdosen zu kompensieren,
- um für den Patiententransport, viele Geräte gleichzeitig von der Stromversorgung trennen und an einem anderen Ort wieder anschließen zu können oder
- um Medizingeräte (genau genommen medizinische elektrische Geräte (ME-Geräte) und Nicht-ME-Geräte zu einem (ME-)System beispielsweise auf einem Wagen zu kombinieren.
2. Definition und Beispiele
Die IEC 60601-1 definiert den Begriff Mehrfachsteckdose wie folgt:
Typische Einsatzgebiete von Mehrfachsteckdosen sind Gerätewagen im Krankenhaus z.B. für die Endoskopie, die Visite oder beim Ultraschall. Dabei trifft man Mehrfachsteckdosen an
- Fest integriert oder flexibel mit einem (ME-)Gerät verbunden
- Als stand-alone MFS
- Als eine einzelne Steckdose in einem ME-Gerät
Eine feste Installation in einer Wand stellt hingegen keine Mehrfachsteckdose im Sinne der Norm dar.
3. Risiken und Gefährdungen durch Mehrfachsteckdosen
Übersicht
Die IEC 60601-1 hat gute Gründe, den Einsatz von Mehrfachsteckdosen besonders zu regulieren:
- Ein gemeinsamer Schutzleiter: Eine Mehrfachsteckdose hat einen gemeinsamen Schutzleiter (SL) für alle verbunden Geräte. D.h. dass der Ausfall des Schutzleiters für alle Geräte ausfällt.
- Ausfall aller Geräte: Wenn die Mehrfachsteckdose genauer gesagt ein Netzleiter in der Mehrfachsteckdose ausfällt, fallen alle angeschlossenen Geräte aus.
- Zu hoher Strom: Die Mehrfachsteckdose muss den Summenstrom bzw. die Summenleistung aller angeschlossenen Geräte tragen können.
- Kabelbruch: Die Wahrscheinlichkeit eines Kabelbruchs ist wegen der flexiblen und nicht fest installierten Anschlussleitung höher als bei fest installierten Steckdosen.
- Kaskade von Mehrfachsteckdosen: Anwender schließen an eine Mehrfachsteckdose gerne weitere Mehrfachsteckdosen an, womit sich die Risiken vervielfachen.
- Stolperfalle: Mehrfachsteckdosen bilden gefährliche Stolperfallen.
- Beschädigungen: Mehrfachsteckdose liegen typischerweise auf dem Boden. Dadurch werden sie leicht mechanisch beschädigt oder Flüssigkeiten ausgesetzt.
- Rückwirkung auf ME-Geräte: An Mehrfachsteckdosen schließen die Anwender häufig ME-Geräte und Nicht-ME-Geräte an. Im Fehlerfall haben die Nicht-ME-Geräte über die Mehrfachsteckdose eine (negative) Rückwirkung auf die ME-Geräte.
- Lahmlegen ganzer Sicherungsabschnitte: Die Erdableitströme summieren sich über die Mehrfachsteckdosen und können auch einen FI auslösen, der dann gesamte Steckdosengruppen oder Räume „lahmlegt“.
- Höherer Berührungsstrom: Die Mehrfachsteckdose (Kontakt und deren Netzanschlussleitung) erhöht den Schutzleiterwiderstand, was wiederum zu einem erhöhten Berührungsstrom führen kann. Auch die Summierung des Erdableitstroms würde bei Unterbruch des Schutzleiters in der Anschlussleitung der Mehrfachsteckdose zu einem überhöhten Berührungsstrom an mit dem SL verbunden metallischen Teilen führen.
Beispiele
Berührungsstrom
Die Gesamtimpedanz des Schutzleitersystems berechnet sich im Beispiel aus der Summe der Impedanzen der Gebäudeschutzerde, der Mehrfachsteckdose, der Netzanschlussleitung und des geräteinternen Schutzleitersystems – im Beispiel zu 0.5 Ohm.
Obwohl jedes Teil für sich genommen die Bestimmungen erfüllt, würde ein Kurzschluss (Körperschluss) im ME-Gerät zu einer zu hohen Berührungsspannung und damit zu einem hohen Berührungsstrom führen. Im schlimmsten Fall kann es sein, dass die Impedanz des Schutzleiterystems den Kurzschlussstrom so begrenzt, dass die Sicherung nicht auslöst.
Diese beiden Fälle müssen auf jeden Fall vermieden werden.
Erdableitstrom
Werden über eine Mehrfachsteckdose mehrere ME-Geräte und Nicht-ME-Geräte zusammengeschlossen, addiert sich der Erdableitstrom (IEA1, IEA2, IEA3) aller Geräte im Schutzleiter der Mehrfachsteckdose. Bei einem Ersten Fehler in der Mehrfachsteckdose kann das zu einem erhöhten Berührungsstrom Ib führen. Zudem kann ein Unterbruch im Netzleiter der Mehrfachsteckdose zum Ausfall aller ME-Geräte führen.
Gefährdungen
Insgesamt ergeben sich (unter anderem) die folgenden Gefährdungen:
- Thermische Gefährdung durch Überlastung oder schlechte Kontakte.
- Elektrische Gefährdungen durch Erhöhung des Berührungsstroms bei Unterbruch des SL oder bei Erhöhung des SL Widerstands
- Funktionale Gefährdung durch möglichen Unterbruch der Stromversorgung für angeschlossene ME-Geräte.
Man sollte jedoch auch einen positiven Nebeneffekt erwähnen: Eine Mehrfachsteckdose wirkt für die angeschlossenen Geräte wie ein Potentialausgleich.
4. Regulatorische Anforderungen
Gesetzliche Anforderungen
Die EU-Richtlinien (z.B. MDD) und EU-Verordnungen (z.B. MDR) fordern in den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen explizit die elektrische, thermische und Funktionssicherheit, also Schutz der Patienten und Anwender vor den o.g. Gefährdungen.
Die nationalen Gesetze machen sich diese Anforderungen zu eigen und ergänzen diese z.B. durch nationale Verordnungen wie die MPBetreibV.
Harmonisierte Normen
Zum Nachweis dieser Anforderungen sollten (müssen) Hersteller die entsprechenden (harmonisierten) Normen wie die IEC 60601-1 und die IEC 60884-1 („Stecker und Steckdosen für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke, Teil 1: Allgemeine Anforderungen“) erfüllen.
Weil Mehrfachsteckdosen wie oben dargelegt die Sicherheit eines ME-Systems wesentlich beeinflussen kann, formuliert die Norm explizit auch Anforderungen an Mehrfachsteckdosen bzw. an Geräte mit integrierten Mehrfachsteckdose.
Sie schreibt vor, dass Hersteller (auch Betreiber) Bauteilen auf Ihre Eignung für die Betriebsbedingung bewerten müssen. Dazu zählen Aspekte wie:
- Leitungsquerschnitte, insbesondere Schutzleiter
- Kontaktkraft
- Zugentlastung
- Mechanische Festigkeit des Gehäuses
- Kennzeichnung (Sicherheitszeichen, zulässige Geräte oder maximale Ausgangsleistung in VA)
- Zugang mit Werkzeugen
Konkret fordern die Normen:
- Kriech- und Luftstrecken für MOOP (Bedienerschutz) müssen eingehalten werden.
- Impedanz des Schutzleiter ist < 200 mOhm.
- MFS muss Schutzklasse I sein.
- Der Anschluss und die Sicherung von Leitungen muss die konstruktiven Vorgaben aus 8.11.4 erfüllen.
- Die Leitungsquerschnitte müssen Tabelle 17 entsprechen
- Die Gestaltung der Zugentlastung muss 8.11.3.5 und Tabelle 18 erfüllen.
- Die Mehrfachsteckdose muss einen Knickschutz gemäß 8.11.3.6 haben.
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Anforderungen bei der Verwendung von MFS in ME-Systemen befinden sich im Abschnitt 16.9.2.1 der Norm.
Handelsübliche Mehrfachsteckdosen aus dem Baumarkt eignen sich somit nicht für die Verwendung in einem ME-System bzw. in medizinisch genutzten Räumen.
Was erlaubt ist und was nicht
Es ist beispielsweise nicht erlaubt,
- eine Mehrfachsteckdose durch weitere Mehrfachsteckdosen zu verlängern, zu vergrößern,
- die Mehrfachsteckdose auf den Boden zu legen und
- andere, als vorgesehene Geräte anzuschließen, wenn nicht anders beschrieben.
Hingegen ist es erlaubt, dass die Impedanz des Schutzleiters die festgelegten Werte überschreiten darf, wenn der Berührungsstrom und der Patientenableitstrom bei einem ersten Fehler nicht überschritten werden.
Verantwortlichkeiten für Mehrfachsteckdosen
Hersteller, die eine Mehrfachsteckdose in einem ME-System oder ME-Gerät verbauen, tragen die Verantwortung dafür. Diese Verantwortung übernehmen auch Betreiber, die (meist unwissentlich) ein ME-System bauen, sobald sie Geräte über eine MFS verbinden. Eine Organisation wird dadurch automatisch zum Hersteller, übernimmt die Verantwortung und muss somit die Vorgaben der Norm erfüllen.
5. Mögliche Konsequenzen für den Systementwurf
Nur vom Hersteller vorgesehene Mehrfachsteckdosen
Bei ME-Systemen, die der Hersteller in Verkehr bringt, dürfen nur Geräte an die Mehrfachsteckdosen angeschlossen werden, die für das ME-System vorgesehen sind. Eine Mehrfachsteckdose, muss eindeutig für die Geräte gekennzeichnet sein, die gemäß Zweckbestimmung angeschlossen werden dürfen.
Gebrauchsanweisungen
Der Hersteller muss in der Gebrauchsanweisung die Nutzung der Mehrfachsteckdose beschreiben und einen Warnhinweis geben, keine weiteren MFS anzuschließen oder die MFS nicht auf den Boden zu legen. Die Gebrauchsanweisung bildet übrigens einen Teil des ME-Systems.
Falls ein Nicht-ME-Gerät Bestandteil eines ME-Systems ist, für das der Hersteller einen Trenntrafo vorgesehen hat, muss die Gebrauchsanweisung die Anwender darauf hinweisen, dass Nicht-ME-Gerät in eine andere Steckdose einzustecken sind.
Absicherungen
Nicht genutzte offene Steckdosen einer MFS muss der Hersteller so abdecken, dass die Abdeckung nur mit einem Werkzeug entfernt werden kann.
Der Hersteller muss den Stecker gegen versehentliches Ausstecken sichern.
Schutzmaßnahmen
Abhängig vom konkreten Anwendungsfall empfehlen sich verschiedene Schutzmaßnahmen.
6. Prüfungen
Wie geprüft wird
Die Prüfung erfolgt
- in Form einer Inspektion z.B. der konstruktiven Vorgaben und der Auslegung,
- durch Messen der Ableitströme im ME-System,
- durch eine Messung der SL Impedanz,
- in Form einer Messung der Strombelastbarkeit des Schutzleiters.
Wer prüft
Bringt der Hersteller das ME-System als Sachgesamtheit in Verkehr, prüft das der Hersteller gemeinsam mit dem Prüflabor.
Baut hingegen der Betreiber das ME-System (zusammen), dann obliegt ihm auch diese Prüfung. Das gilt auch für den Fall, dass der Betreiber ein ME-System eines Herstellers erweitert.
Welche Dokumentation erwartet wird
Als Ergebnis dieser Prüfungen sollten Hersteller bzw. Betreiber die folgende Dokumentation vorlegen können:
- Für ME-Systeme die Gebrauchsanleitung als Begleitdokumentation zur Mehrfachsteckdose
- Ggf. Zeichnungen
- Prüfnachweise für Kaufkomponenten
- Prüfdokumentation (Prüfplan, Prüfergebnisse z.B. Ableitströme)
7. FAQ
Trenntrafo
Wann braucht man einen Trenntrafo? Wo kann muss der verbaut sein?
Der Trenntrafo wird faktisch immer benötigt, wenn Nicht-ME-Geräte mit im Spiel sind. Die Tabelle I.1 der Norm zeigt eine Übersicht mit verschiedenen Konstellationen und Empfehlungen für mögliche Maßnahmen.
Welche Alternativen zum Trenntrafo gibt es?
Eine Alternative ist zum Beispiel das Verwenden eines zweiten Schutzleiters am Nicht -ME-Gerät. Dann wäre Erstfehlersicherheit gewährleistet, wenn der primäre Schutzleiter unterbrochen ist.
Prüfungen
Welche Ableitströme muss man einhalten?
In der Patientenumgebung BERÜHRUNGSSTROM 500 μA
Welche Prüfungen oder Zertifizierungen benötigt man? Sind akkreditierte Labors notwendig?
Nein
Welche Bauteile muss man verwenden? Müssen die zertifiziert sein?
Es ist immer hilfreich bereits geprüft Komponenten (Trafos, Kabel, Stecker, PCs, Isolationen, etc.) zu verwenden. Wenn das nicht möglich müssen die Vorgaben der Norm erfüllt werden.
Was muss der Betreiber machen? Wie hängt das mit den STKs zusammen?
Der Betreiber muss Betreiberverordnung erfüllen, die für bestimmte Medizinprodukte MTK und STK verlangen. Das gilt auch für seine selbst erstellten Installationen und Systeme, wie der ME-Systeme, die er betreibt.
Vorgeschrieben sind die Schutzleiterprüfung messtechnisch und durch Inspektion sowie das Überprüfen der Ableitströme.
Definitionen
Stellt eine Mehrfachsteckose eine Funktionsverbindung dar?
Definition der Norm: Jede Verbindung, elektrisch oder auf andere Weise, einschließlich solcher zum Übertragen von Signalen und/oder elektrischer Leistung und/oder Substanzen.
Eine Funktionsverbindung ist nicht zwangsläufig elektrischer Natur. Ein Datenkabel ist zum Beispiel eine Funktionsverbindung. Der Hersteller muss die Wirkung des Schirms berücksichtigen. Über den Schirm kann es zu hohen Ableitströmen kommen. Siehe Bild 3 unten.
Wann spricht man von einem System oder einer Behandlungseinheit?
Das ME-System ist in der Norm definiert. Wenn ein Hersteller ein System als eine Sachgesamtheit in Verkehr bringt, dann kann das den Zweck einer Behandlungseinheit haben. Das ist aber nicht das gleiche, was die MDR unter dem Begriff Behandlungseinheit versteht. Der Norm geht es um Sicherheit und Leistung.
Eine Behandlungseinheit wird in der MDD unter Artikel 12 genannt und hat eine formalrechtliche Bedeutung in Bezug auf die Konformität zu den grundlegenden Anforderungen und die Verantwortlichkeit des Betreibers.
Der Begriff ist nicht definiert. Hilfsdefinition:
- System als funktionell zusammengestellte Einheit von Produkten mit eindeutig definierter medizinischer Zweckbestimmung. (Sachgesamtheit)
- Behandlungseinheit als anwendungsspezifisch zusammengestellte Einheit von Produkten
- Der Begriff Behandlungseinheit schliesst die Kombination mit Arzneimitteln aus. Anderenfalls sind es Kombinationsprodukte.
Ab wann liegt eine Eigenherstellung vor?
Wenn der Betreiber das System erweitert, indem er andere als vom Hersteller vorgesehene Geräte anschließt oder verschiedene ME-Geräte über eine Mehrfachsteckdose zu einem der in #1 genannten Zwecke zusammen schließt.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Medizinprodukte-PC.
Sehr geehrter Herr Klessascheck,
der Sinn des Verbots „einen zweipoligen Euro-Netzstecker (kein SL) einzustecken“ erschließt sich mir nicht. Was ist die Begründung dafür? Könnten Sie mir bitte die Fundstelle nennen?
Viele Grüße, H.-P. Völpel
Werter Herr Völpel,
vielen Dank für Ihr aufmerksames Lesen. Der Ausschluss von zweipoligen Euro-Netzsteckern im Zusammenhang mit der Sicherheit von Mehrfachsteckdosen macht tatsächlich keinen Sinn. Den Stichpunkt werden wir streichen. Die Aussage stammt aus einem ähnlichen Beitrag bei dem es um die Anwendung von nicht ME-Geräten innerhalb der Patientenumgebung geht. Nochmals vielen Dank für den wichtigen Hinweis.
herzlichst, Mario Klessascheck
Sehr geehrter Herr Klessascheck,
vielen Dank für den hilfreichen Beitrag.
Folgende regulatorischen Fragen haben sich beim Durchlesen ergeben:
-Müssen Hersteller von ME-Geräten den Anschluss an eine MFS berücksichtigen ?
-Müssen Hersteller von ME-Geräten die passenden Netzstecker (länderspezifisch) zur Verfügung stellen ?
Liebe Frau Landahl,
Zu Frage 1) Aus Sicht des ME-Gerätes ist eine Mehrfachsteckdose eine normale Steckdose. Sie könnten einen Hinweis in die Gebrauchsanleitung schreiben, dass nur MFS mit geprüften Schutzleiter verwendet werden sollen, wenn Sie ein Geräte mit Schutzklasse I haben und die für die Leistung des Gerätes bemessen sind. Zu Frage 2) Ob Sie einen länderspezifischen Stecker beilegen müssen, hängt von den Bestimmungen des Landes ab. In Europa müssten Sie ein länderspezifisches Anschlusskabel ausliefern.
Herzliche Grüsse, Mario Klessascheck
Sehr geehrter Herr Klessascheck,
Wie ist der Berührungsstrom bei einem Gerätewagen mit MFS im Erstfehlerfall zu messen, wenn zusätzlich zum Schutzleiter (im Erstfehler-Fall unterbrochen) ein POAG Kabel vorhanden ist? Hierbei sind sämtliche montierten ME-Geräten zum Gerätewagen verbunden und dieser ist wiederum mit einer POAG Buchse verbunden. Kann das POAG Kabel des Gerätewagens zur Buchse verbunden bleiben während der Messung oder muss dieses ebenfalls getrennt werden?
Beste Grüße,
Raphael Pilz
Lieber Herr Pilz,
der Potenzialausgleich sollte nicht als separater Schutzleiter betrachtet werden, da seine Funktion eine andere ist und nicht sicher gestellt werden kann, dass er immer angeschlossen wird. Demnach sollten Sie den Unterbruch des POAG nicht als Ersten Fehler werten sondern als Normalzustand. Die Norm schreibt in der Erläuterung zu 16.9.2.2 im Anhang A, dass eine zweite Schutzerde oder ein Trenntrafo als Massnahme für zu hohe Berührungsströme erforderlich sind.
Liebe Grüsse, Mario Klessascheck
Lieber Herr Klessascheck,
Danke für die hochwertige Rückmeldung!
Meine abschließende Frage ist, ob ich bei einem Systemträger für mehrere Geräte mit Mehrfachsteckdose eines der Geräte elektrisch isolieren kann, damit wir die Berührstrommessung einhalten.
Das Vorgehen wäre wie folgt:
– Gerät lediglich über nichtleitende Verbindungen mechanisch befestigen
– Gerät über Netzkabel in die Mehrfachsteckdose (inkl. Schutzleiter) anschließen
– Kein Potentialausgleichskabel zwischen Gerät und Systemträger anschließen (lediglich, falls notwendig, zum Operationssaal).
Wäre es möglich, das Gerät somit zu isolieren oder ist es nach Norm Vorschrift, alle montierten Geräte per Potentialausgleichskabel miteinander zu verbinden?
Beste Grüße und vielen Dank,
Raphael Pilz
Lieber Herr Pilz,
ich schreibe Ihnen direkt, da es schwierig ist, Ihnen, ohne das System genau zu kennen, eine vollständige Antwort zu liefern.
Liebe Grüsse, Mario Klessascheck
Ist ein Verlängerungskabel auch eine MFS (im Sinne von einer MFS mit einem einzigen Steckplatz)?
Weil, dann müsste auch bei einem Verlängerungskabel der Stecker gegen versehentliches Ausstecken gesichert sein (was ja sinnvoll ist).
Wissen Sie, ob es auch eine Norm gibt, die das Herumliegen von Kabeln am Boden als Stolperfalle regelt?
Ich befürchte nämlich, dass in meinem Fall (Krankenhaus, Patientenbehandlung) dann einfach die MFS entfernt wird und anschließend jede Menge Kabel auf dem Boden liegen.
Lieber Herr Podtschaske,
Die Norm definiert die Mehrfachsteckdose wie folgt: „eine oder mehrere Steckdosen, die dafür bestimmt sind, mit flexiblen Kabeln, Leitungen oder ME-GERÄTEN verbunden oder darin integriert zu sein […]“ Die Norm sagt weiterhin: „Eine MEHRFACHSTECKDOSE kann ein getrenntes Teil oder ein integraler Bestandteil eines Geräts sein.“ Demnach wäre ein Verlängerungskabel im Sinne der Norm ebenfalls eine Mehrfachsteckdose. Die Gefährdungen haben Sie schon erkannt. Ein weiteres Problem ist, dass die Qualität des Schutzleiters bei solchen Kabeln oft nicht überwacht wird. Eine Norm, die das Herumliegen von Kabeln verbietet, kenne ich nicht. Es verbietet Ihnen aber niemand in Ihrem Krankenhaus eigene Regeln zu definieren. Die Risiken sind offensichtlich. Persönlich habe ich das auch schon oft gesehen.
Hilft Ihnen meine Antwort weiter?
Liebe Grüsse, Mario Klessascheck
Danke, die Antwort hilft sehr. Wobei das MPG ja leider die Norm nicht explizit verlangt. Bin mal gespannt, wie sich unsere Medizintechnik um das Thema herumwindet.
Sie haben sehr recht. Ich zähle immer noch auf den gesunden Menschenverstand.
Guten Tag,
ist ein ME-System, das vermeidlich mit einer Handelsüblichen MFS erstellt wurde, bei der ich die ME-Geräte ohne Werkzeug aus der Stromverbindung trennen kann zulässig, oder ist es zwingend notwendig diese gegen trennen zu Sichern.
Mein Beispiel wäre ein Wagen-Medizinisch an dem eine „normale“ MFS angebracht ist aber nach 62353 Geprüft wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Leon Seidl
Lieber Herr Seidl,
Ein ME-System entsteht nur, wenn Sie zwei Geräte, von denen mindestens eines ein ME-Gerät ist, mit einer MFS kombinieren. Wenn Sie die MFS als Verlängerung nutzen entsteht noch kein ME-System. Allerdings sollten Sie dennoch betrachten, dass die MFS für die Leistung vom ME-Gerät ausgelegt ist und das die MFS auch intern von der Technik geprüft wurde. Zur Frage der Trennung. Eins Sicherung gegen unbeabsichtigtes Trennen wäre notwendig, wenn sich daraus ein nicht vertretbares Risiko ergibt. Wenn Sie die MFS an einen Gerätewagen bauen, sollten Sie auch nicht genutzte Steckplätze abdecken, um zu vermeiden, dass Geräte angesteckt werden, die die Leistung der MFS übersteigen.
Liebe Grüsse, Mario Klessascheck